Bewertung

Review: #3.14 6B

Foto: Fringe - Grenzfälle des FBI - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Fringe - Grenzfälle des FBI
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Seit geraumer Zeit schlägt "Fringe" einen Weg ein, der die Fangemeinschaft spaltet: Die Serie lässt die wissenschaftlichen SciFi-Elemente samt der großen "Fringe"-Mythologie immer mehr von Emotionen abhängig machen, wie etwa das Überleben unserer Welt nun davon abhängen soll, für welche Olivia sich Peter entscheiden wird. Die einen finden es mutig, dass sich "Fringe" in solche Gewässer wagt und die Beziehungen der Charaktere plötzlich eine solch dominante Rolle spielen, die anderen stören sich jedoch daran und fremdeln zur Zeit ein wenig mit der Serie. Daher ist es schwer, #3.14 6B hier wirklich relativ neutral zu betrachten, da die Verschmelzung von Wissenschaft und Emotionen in dieser Folge ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht.

"An emotional quantum entanglement."

Nachdem die letzten beiden Folgen recht irrelevante Fälle vorzuweisen hatten, hält #3.14 6B wieder einen Fall bereit, der in direkter Verbindung mit der Mythologie um die beiden Universen steht. Wie so oft in dieser Staffel, und das ist mittlerweile die Stärke der Serie, war es anfangs noch nicht abzusehen, dass der Fall für einige interessante Entwicklungen sorgen wird. Im Fokus der Episode steht ein Haus, in dem sich merkwürdige und offenbar übernatürliche Phänomene ereignen: Haushaltsgeräte schalten sich automatisch an, Menschen fallen durch Fußböden und eine alte Frau erhält offenbar regelmäßig Besuch vom Geiste ihres verstorbenen Mannes. Auch Walter wird klar, dass mit dem Haus etwas nicht zu stimmen scheint, nachdem er zehn Mal eine Münze hochgeworfen hat, die danach immer auf der gleichen Seite gelandet ist – etwas, bei dem sich der Schweizer Mathematiker Jakob Bernoulli wohl im Grabe drehen würde. "Fringe" schaffte es durchaus, zu Beginn dieser Folge den Fall sehr spannend zu inszenieren. Sollten etwa allen Ernstes Übernatürliches in diesem Haus vonstatten gehen? Mitnichten, denn die Erklärung dieser Phänomene: Liebe.

Ja, Gefühle sind bei "Fringe" zur Zeit omnipräsent. Von Gefühlen hängt es ab, ob Peter "Das Vakuum" aktivieren kann, von Gefühlen hängt es ab, welches Universum vernichtet wird und nun hängt es also auch von Gefühlen ab, dass die Grenzen zwischen unserer Welt und der Parallelwelt gefährlich transparent werden. Man kann durchaus verstehen, dass manche Zuschauer dem ganzen ein wenig kritisch gegenüberstehen und auf diese Folge hier gerade vernichtend zurückblicken. Schade, denn eigentlich hatte diese Folge doch eine wirklich herzzerreißende Geschichte parat: In unserer Welt, Welt-1, lebt die alte Witwe Alice, die gerade ihre große Liebe Derek verloren hat. In Welt-2 hingegen ist Gegenteiliges der Fall. Dort lebt nämlich der Witwer Derek, der seine große Liebe Alice verloren hat. Sowohl Alice in Welt-1, als auch Derek in Wet-2 leiden unter unbeschreiblicher Trauer, die die sowieso schon dünne Schicht zwischen den beiden Universen zum Kollabieren bringt.

"I've seen what the two of us together looks like - and it's beautiful."

Liebe überschreitet in "Fringe" also wirklich Grenzen und Welten. Doch ist es das wirklich, was die Fans sehen wollen? Dass aus einer fast rein wissenschaftlichen Serie nach und nach eine wird, die den Fokus viel zu sehr auf Gefühle, Liebe, Schicksal und Selbstfindung legt? Vielleicht wäre diese Folge weniger kritisch aufgenommen worden, hätte man sie mit Gefühlen nicht geradezu überladen. Denn neben der Alice/Derek-Storyline, die wirklich wunderschöne Momente hatte, war auch wieder das Gefühlschaos zwischen Olivia und Peter ein wesentlicher Bestandteil dieser Folge, bei der es viel zu offensichtliche Parallelen zwischen deren Beziehung und der von Derek/Alice gab. Solche metaphorische Parallele hat man in #3.09 Marionette beispielsweise bei Weitem besser hinbekommen. Und wie schon in #3.12 Concentrate and Ask again war die Beziehung zwischen Olivia und Peter keine leicht zu verdauende Sache. Und auch in dieser Folge war das Hin und Her zwischen den beiden am Rande des Erträglichen. Ich begrüße nach wie vor, dass die Beziehung zwischen Olivia und Peter nicht so salopp behandelt und ihr viel Zeit gegeben wird. Nur leider missfällt es mir, dass man dieser Beziehung nicht nur Steine sondern ganze Felsbrocken in den Weg legt. Anfangs durchaus noch akzeptabel, doch nachdem wir uns seit #3.09 Marionette unaufhörlich im Kreis gedreht haben und wir Zeugen von unzähligen, teilweise recht kitschigen, Szenen zwischen den beiden wurden, wurde die Kapazität nun fast überschrittet. Darum war das Ende der Folge dann auch wie ein Befreiungsschlag: Olivia sieht Peter nicht mehr schimmern, was bedeutet, dass sie keine Angst mehr hat. Hand in Hand läuft Peter mit Olivia die Treppe hinauf - und zwar mit der richtigen Olivia. Freie Bahn für eine friedliche Beziehung zwischen den beiden? Zu begrüßen wäre es, doch wenn man bedenkt, dass im parallelen Universum bereits eine schwangere Bolivia wartet, scheint dieser kleine Hoffnungsschimmer nur von kurzer Dauer zu sein.

"Like the other universe, our world is starting to come apart at the seams."

Der Fall der Woche animierte nicht nur Olivia dazu, sich von ihren Ängsten zu befreien, sondern auch Walter, sich Gedanken zu machen. Denn Walter steht vor einem moralischen Dilemma, nachdem ihm durch den Alice/Derek-Fall klargeworden ist, dass die Struktur dieses Universums offenbar bereits so instabil geworden ist, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis auch in unserer Welt das erste schwarze Loch auftaucht. Diese schwarzen Löcher kennen wir bereits aus der Parallelwelt, sowie Walternates Methode, jene zu stopfen: Bernstein. Auch Walter befürchtet nun, Bernstein in unserer Welt einsetzen zu müssen, auch wenn er weiß, was das bedeutet. Denn Bernstein stopft nicht nur die Risse und Löcher zwischen den beiden Universen, sondern kann auch zahlreiche Menschenopfer mit sich bringen. Walters Konflikt mit sich selbst war das Highlight in dieser Folge, zumal ihm nun klargeworden ist, dass er auf gleicher Ebene agieren muss, wie sein vermeidlich rücksichtsloses Pendant aus der anderen Welt. In dieser Folge konnte der Einsatz des Bernsteins noch einmal vermieden werden, doch es wird sehr interessant sein zu sehen, wie Walter handeln wird, sobald ein weiteres Schwarzes Loch zu entstehen droht.

Für einen guten Abschluss sorgten die letzten Minuten, in der die Serie überraschenderweise noch einen kleinen Ausflug in die Parallelwelt unternommen hat. Dort ermitteln Bolivia und Lincoln Lee nämlich genau an der Stelle, an der Peter und Olivia zuvor in "unserer" Welt ermittelt haben. Denn auch "over there" gab es rund um das Appartement 6B merkwürdige Vorfälle und auch dort war die Fringe-Division kurz davor, das "Protokoll" zu starten, also das Haus in eine Quarantänezone zu verwandeln. Das machte dem Zuschauer noch einmal klar, wie parallel die beiden Universen wirklich verlaufen und bot somit ein gelungenes Ende.

6B = 1A?

In Hinblick auf die Entwicklungen, war #3.14 6B natürlich von enormer Wichtigkeit: einerseits scheint sich die Beziehung zwischen Olivia und Peter auf eine Ebene zubewegt zu haben, die für alle erträglich ist, andererseits wissen wir nun auch, dass unser Universum langsam aber sicher zu kollabieren droht. Nur leider ist die gesamte Atmosphäre der Serie momentan so bedrückend, dass es nicht gerade einfach ist, die Folgen wirklich in vollen Zügen zu genießen. Doch vor allem dank der Entwicklungen rund um Peter und Olivia darf man hoffen, dass die Serie wenigstens vorübergehend wieder einen leichteren Grundton annimmt. Denn momentan vermittelt "Fringe" ungefähr die gleiche freudestrahlende Atmosphäre wie Goethes "Werther".

Manuel H. - myFanbase

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