Bewertung

Review: #3.12 Der Gedankenleser

Foto: Joshua Jackson, Fringe - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Joshua Jackson, Fringe
© Warner Bros. Entertainment Inc.

#3.12 Concentrate and ask again gehört zu den wenigen Folgen dieser Staffel, die einen Fall der Woche beinhalten, der nichts mit der eigentlichen Mythologie der Serie zu tun hat. Es spricht nur für die Qualität der momentanen Season, wenn diese typischen FdW-Episoden eine echte Rarität geworden sind und erst recht spricht es für die Qualität, wenn man selbst in solch Fall-zentrierten Episoden noch Zeit hat, unabhängig davon noch ein wenig auf den roten Faden und die Charaktere einzugehen.

"How can anyone kill a scientist? What did we ever do?"

Ich persönlich fand schon immer, dass Puppen allgemein irgendetwas Bedrohliches haben – natürlich erst recht, wenn sie blaues Pulver ausspucken, das menschliche Knochen zum Auflösen bringt. Darum handelte der Fall der Woche in dieser Episode, der streckenweise ziemliches Staffel 1-Feeling hat aufkommen lassen. Nicht nur, weil der Fall eben in keiner direkten Verbindung mit der Haupthandlung der Serie stand, sondern auch, da die Untersuchungen des Falls stark an die Anfänge der Serie erinnerten. Denn um herauszufinden, wer hinter den makaberen Tode von Wissenschaftlern steckt, greift das Team auf eine ehemalige Versuchsperson von Walter zurück, der, praktischerweise, Gedanken lesen kann. Somit stellte die Lösung des Falls an sich eigentlich keine große Hürde dar und das Gesamte lief ziemlich routiniert ab. Nichtsdestotrotz hat mir die gesamte Inszenierung in der Folge recht gut gefallen, vor allem die Szenen auf der Gala gegen Ende der Episode. Olivia sah im Abendkleid nämlich nicht nur unverschämt attraktiv aus, sondern durfte erneut ihre Zielsicherheit unter Beweis stellen und sorgte für ein spannendes Sch(l)ussfinale. Insgesamt gesehen war der Fall der Woche natürlich absolut belanglos, aber nachdem man in dieser Staffel so sehr auf Mythologie-Folgen gesetzt hatte, fand ich es gar nicht mal so tragisch, einen klassischen "Fringe"-Fall mit dem obligatorischen Freak der Woche (diesmal Gedankenleser Simon), Walters herrlichen Sprüchen und einigen sehr genial widerlichen Todesfällen zu sehen. Denn so belanglos es war, mindestens genauso unterhaltsam war es.

Weniger belanglos wäre das Ganze geworden, hätte man das Potential, das durch den Gastcharakter Simon vorhanden war, mehr ausgeschöpft. Zwar waren die Szenen zwischen ihm und Olivia allesamt gut, doch wenn man bedenkt, dass die beiden Opfer von Walters Cortexiphan-Experimenten waren, so wäre da doch einiges mehr drin gewesen. Besonders hätte Olivia vielleicht klar werden können, dass sie nur durch Walters Handeln in der Vergangenheit momentan ein recht deprimierendes Leben führt und ohne die Cortexiphan-Experimente ein bei weitem glücklicheres und unbesorgteres Leben hätte führen können. Doch die hier stattgefundene Fokussierung auf Simon und auf die Frage, wie er mit seinem Leben zurecht kommt, hätte nicht unbedingt sein müssen.

"No one should know exactly what else someone is thinking."

"Probably not, but I wouldn't mind having this ability right now."

Eine große Rolle in dieser Folge nahm die Beziehungskrise zwischen Olivia und Peter ein, denn Olivia kommt noch immer nicht damit klar, dass Peter Gefühle für Bolivia hatte, obwohl sie zwanghaft versucht, sich damit zu arrangieren. Während der Folge drehten wir uns diesbezüglich ein wenig im Kreis, denn schon seit Folge #3.09 Marionette hat sich an der momentanen Situation zwischen den beiden wenig geändert. Immer wieder versucht Peter Olivia klarzumachen, dass er nur Gefühle für sie, und nicht für ihr alternatives Ego hat, nur damit Olivia wenig später klar wird, dass Fauxlivia ihre Spuren hinterlassen hat. So war es in dieser Woche ein einfacher Kaffee mit Milch, den sie von Peter bekommt – Fauxlivas Kaffee, denn Olivia trinkt ihren schwarz und mit Zucker. Ein eindeutiger Beweis also, dass Fauxlivia immer noch in Peters Kopf herumschwirrt. Einen noch eindeutigeren Beweis lieferte die grandiose Schussszene, in der Olivia Simons Brief liest, in dem er Peters Gedanken notiert hat: "He has still feelings for her". Olivias Charakter ist momentan wohl eine der bedauernswertesten, zumindest ich hatte in dieser Folge regelmäßig Mitleid mit ihr, was natürlich auch an Anna Torvs tollem Schauspiel lag. Irgendwie kam mir während der Schlussszene die Black Noir-Episode #2.20 Brown Betty in den Sinn, in der es um Walters gläsernes Herz ging. Überträgt man dieses metaphorische Herz auf Olivia, so wurde es am Ende dieser Folge wohl in tausend Stücke zerschmettert.

"So you found it?"

Die Tatsache, dass Peter noch Gefühle für Fauxlivia hegt, ist, im wahrsten Sinne des Wortes, ein potentieller Weltuntergang. Denn am Ende dieser Episode wird uns klargemacht, dass Peters Gefühle für Fauxlivia wirklich für das Ende unserer Welt verantwortlich sein könnten – das zumindest behauptet Sam Weiss. Dass wir diesen in dieser Episode zu Gesicht bekommen, hätte ich nicht erwartet, hat mich allerdings sehr gefreut. Nicht nur, weil er nach wie vor ein sehr interessanter Charakter ist, sondern auch, weil er offenbar unverschämt viel mit der Hauptmythologie der Serie zu tun hat. Doch der Reihe nach.

Nina bekommt auch in dieser Folge ordentliche Screentime und will herausfinden, was es mit den "First People" auf sich hat. Dass man dieses ungemein spannende Mysterium auch in dieser Folge aufgegriffen hat, tat der Episode gut, da sie dadurch, trotz des Falls der Woche, eine ordentliche Portion Mythologie enthielt – mit einer spannendenden und überraschenden Wendung, wenn man diese noch nicht vorhergesehen hatte. Seamus Wiles (der Autor der Bücher "The First People" = Samuel Weiss (der Hobbypsychologe, der Olivia bereits des Öfteren unter die Arme gegriffen hat). Ich bin immer noch ganz fasziniert davon, wie man mit diesem Charakter umgeht. Denn nachdem es in Staffel 2 nur den Anschein hatte, als sei er immer mal wieder für nette Gastauftritte gut, so kristallisiert sich dieser vermeidlich unscheinbare Charakter also als Schlüsselfigur heraus, was die "First People" betrifft. Dass Sam Weiss eine größere Rolle in der Serie spielen wird und mit ihm irgendetwas nicht zu stimmen scheint, hätten Hobbyseriendetektive durchaus herausfinden können. Denn die Serie lieferte uns bereits einige Andeutungen:

In der Folge #2.17 Die Bürde sagte Sam zu Olivia, dass er älter sei, als er aussähe. Eine Anspielung also auf die "First People", die bereits vor Milliarden von Jahren lebten? Ist er selbst einer dieser Menschen?

Zudem gab es im Finale der zweiten Staffel ebenfalls einen gut versteckten Hinweis: Als sich Walter und William in dem Labor befinden, ist im Hintergrund eine Tafel zu sehen. Auf dieser Tafel steht der Satz "A Demon’s Twist Rusts". Wenn man die Buchstaben vertauscht, so erhält man den Satz "Don’t trust Sam Weiss". Und dass Seamus Wiles ein Anagramm für Samuel Weiss ist, hatte ich bereits in der #3.06 6955 kHz vermutet. Somit steht also fest, dass Sam Weiss wohl noch eine sehr wichtige Rolle spielen wird und ich bin schon mehr als gespannt, was genau es mit diesem mysteriösen Charakter auf sich hat.

Nun zum potentiellen Weltuntergang: Sam sagt zu Nina, dass die Welt überleben wird, für deren Olivia sich Peter entscheiden wird. Sprich: Entscheidet sich Peter für unsere Olivia, wird Welt B zerstört, entscheidet sich Peter für Fauxlivia, so müssen wir daran glauben. Ich stehe dem Ganzen noch ein wenig kritisch gegenüber, denn dass man die Beziehungsstory rund um Peter, Olivia und Fauxlivia nun mit der Hauptmythologie der Serie vermischt, mag mir noch nicht so ganz gefallen. Hier könnte es nämlich schnell passieren, dass das Ganze zu kitschig und überdramatisch inszeniert wird – bisher hatte man es eigentlich ganz gut im Griff, dies zu vermeiden. Doch wie so vieles bei "Fringe", muss erst einmal abgewartet werden, wie die Autoren vorhaben, das alles zu inszenieren. Ich weiß noch, wie skeptisch ich war, als sich zwischen Olivia und Peter eine Beziehung andeutete und mittlerweile zählt eben diese Beziehung zu den Stärken der Serie.

"Uh, I feel nauseated."

"Yeah, this is pretty disgusting - even by our standards."

"I'm not talking about the body. I fear I may have broken wind inside my suit."

Insgesamt gesehen ist es vor allem das Abwechslungsreichtum, das diese Episode so sehenswert macht. Die Thematisierung aller drei Storyelemente, sprich: der Fall der Woche, die Beziehung zwischen Olivia und Peter, sowie Ninas Recherchen bezüglich der "First People", konnten unterm Strich allesamt überzeugen. #3.12 Concentrate and ask again beinhaltete also nicht nur eine ausgewogene Mischung, sondern bot neben Knochenbrüchen auch viel Herzschmerz und Kopfzerbrechen.

Manuel H. - myFanbase

Die Serie "Fringe - Grenzfälle des FBI" ansehen:


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