Bewertung

Review: #3.11 Wechselspiel

Foto: Joshua Jackson, Fringe - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Joshua Jackson, Fringe
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Man kann der aktuellen Staffel von "Fringe" so einiges zugute halten. Doch besonders gut gefällt mir die Abwechslung, die "Fringe" mit Staffel 3 zu bieten hat. Zu Beginn waren es die sich immer wieder abwechselnden Geschichten auf unserer und auf der anderen Seite und auch jetzt, wo dieser Handlungsstrang fürs erste auf Eis gelegt wurde, konzentriert sich die Serie in jeder Folge auf andere wichtige Aspekte der "Fringe"-Mythologie. In #3.09 Marionette thematisierte man die Auswirkungen von Olivias Rückkehr aus der Parallelwelt, in #3.10 The Firefly lag der Fokus auf Walters Abkommen mit dem Beobachter September und auch in dieser Folge wird der rote Faden der Serie aufgegriffen. Denn #3.11 Reciprocity dreht sich um die mysteriöse, apokalyptische Apparatur, die offenbar in der Lage ist, ganze Universen zu zerstören – mit Peter als unverzichtbare Energiequelle.

"It's bigger than I imagined."

"I suppose it's just big enough to destroy a couple o' universes."

Es ist momentan wohl das größte Mysterium, das "Fringe" zu bieten hat: "The Vacuum". Also jene zerstörerische Waffe, mit der Walternate plant, den Krieg zwischen den beiden Universen für sich zu entscheiden. Seit #3.06 6955 kHz wissen wir, dass "The Vacuum" offenbar bereits seit vielen Millionen Jahren von einer modernen Menschenkultur entwickelt wurde, die vor den Dinosauriern existierte und mit dieser Waffe Universen sowohl erschaffen als auch zerstört werden können – das zumindest behaupten drei rätselhafte Bücher, die alle den Namen "The First People" tragen und, wie wir in dieser Folge erfahren, allesamt zwar in unterschiedlicher Sprache verfasst wurden, aber inhaltlich exakt das selbe wiedergeben. Von welcher Wichtigkeit diese Bücher sind, verdeutliche uns das Ende dieser Episode. Denn offenbar hat auch schon William Bell nach den Büchern gesucht, was aufhorchen lässt. Denn was hat es mit den Büchern auf sich? Gab es wirklich eine menschliche Kultur, die vor den Dinosauriern existierte? Weshalb baute diese Kultur eine derart menschliche Waffe, und wie passt das ganze Schema in die Mythologie um die beiden Welten? Und wieso ist diese Kultur plötzlich spurlos verschwunden? Haben sie sich selbst ausgelöscht? Mittlerweile macht es mir richtig Spaß, nach jeder Episode einen regelrechten Fragekatalog zu erstellen, was in früheren Staffeln weniger der Fall war. Leider wurden "The First People" erst am Ende dieser Folge erwähnt und ich hoffe sehr, dass wir bald mehr über dieses Mysterium erfahren.

Eine Frage übertrumpft aber nach wie vor die ganzen restlichen, nämlich die Frage, was es mit Peter und "The Vacuum" auf sich hat. Wie kann es sein, dass eine Maschine, die vor mehr als 60 Millionen Jahren erbaut wurde, als scheinbare Energiequelle auf einen Menschen angewiesen ist, der erst seit rund 30 Jahren lebt? Dass Peter offenbar unverzichtbar für das Funktionieren der Maschine ist, wurde zu Beginn der Folge verdeutlicht, als "The Vacuum" erst dann Reaktionen zeigte, als sich Peter in deren Nähe befand. Der Beginn überraschte mich im Übrigen ein wenig, da ich verwundert war, dass man die Maschine schon fast vollständig zusammenkonstruiert hatte. Man weiß zwar nicht genau, wie viel Zeit zwischen #3.06 und dieser Episode vergangen ist, aber wenn man bedenkt, dass die Einzelteile auf der ganzen Welt zerstreut waren, verwundert es schon. Man hätte eher damit gerechnet, dass es länger dauern wird, bis wir die fertige Konstruktion zu Gesicht bekommen. Schnelle Erzählweisen machen mir ja generell nichts aus, solange sie logisch erscheinen.

"When you touch something, it touches you. It changes you. When you touched the machine, it changed you, it weaponized you."

Und genau daran mangelte es der Episode ein wenig: an der Logik. Vor allem, wenn man sich auf die Storyline rund um die Tode verschiedener Gestaltwandler stürzt. Zunächst einmal war diese Geschichte natürlich durch und durch interessant und unterhaltsam, denn die Jagd nach dem Gestaltwandlermörder und die Tatsache, dass offenbar jemand in den eigenen Reihen der Täter ist, sorgte für reichlich Spannung und Dynamik. Eine für mich überraschende Wendung war, als sich Peter als Täter herausgestellt hat. Und wie Peter herausfand, dass diese "Menschen", die er tötete, Gestaltwandler waren, bleibt offen. Zwar wird gezeigt, dass Fauxlivia (wenn schon Walter selbst diese Formulierung benutzt, ist der Name wohl "offiziell") in ihren Dateien, die sie in unserer Welt zurückgelassen hat, mittels eines bestimmten Schemas jene Menschen in ihrer Liste gekennzeichnet hat, die Gestaltwandler sind. Doch es wird nicht erklärt, wie Peter letztendlich dahintergekommen ist. Hier hatte man das Gefühl, als hätte man einen Teil der Folge verpasst ... oder die Autoren hätten selbst nicht wirklich Ahnung davon, wie sie diesen Teil plausibel erklären sollen.

Die Folge lässt uns hinsichtlich dieser Storyline mit einer relativ beunruhigenden Entwicklung zurück: Peter wurde, laut Walter, "weaponized", heißt, dass durch "The Vacuum" in Peter irgendetwas ausgelöst wurde, was seine etwas dunklere Seite zum Vorschein bringt. So war nicht nur Walter sondern auch ich sehr überrascht, mit welch einer Brutalität Peter die Gestaltwandler ermordet hat, um an deren Datenchip zu kommen, womit er herausfinden will, was es mit der Waffe genau auf sich hat. Zwar war Peter schon die ganze Staffel lang wild darauf das herauszufinden, aber offenbar scheint "The Vacuum" ihn viel aggressiver und rücksichtsloser agieren zu lassen. Wie man diese Wandlung findet, ist natürlich jedem selbst überlassen. Ich persönlich bin einfach kein Fan davon, wenn Charaktere, denen man nach all den Jahren eine gewisse Sympathie entgegenbringt, plötzlich eine 180°-Wende machen und sie ihre dunkle Seite zum Vorschein bringen. So fremdelt man schnell mit dem doch liebgewonnenen Charakter. Genau aus jenem Grund bin ich wohl einer der wenigen, der mit "Spiderman 3" nicht viel anfangen kann. Ein weiteres Problem, das sich aus der "Dark Peter"-Story ergibt, ist, dass es wohl wieder zu Spannungen in der Beziehung zwischen Walter und Peter führen wird, was mir auch nur bedingt zusagt. Denn ich vermisse die schönen Zeiten, in denen sich Peter liebevoll um seinen Vater gesorgt hat und betrachte ich mir die aktuellen Entwicklungen, so werden solche Zeiten wohl in weite Ferne gerückt sein. Doch wer weiß, vielleicht wird die neue Peter-Story ja richtig interessant und überzeugend und lässt diese Folge im Nachhinein in einem ganz anderen Licht erscheinen – momentan bin ich aber sehr skeptisch. Etwas Gutes hatte das Ganze dann doch noch: Joshua Jackson wurde schauspielerisch endlich einmal gefordert und hat seine beiden Rollen wirklich sehr überzeugend gespielt.

"It's song lyric. Fauxlivia ruined 'U2' for all of us!"

Weiterhin mehr als großartig geht man mit der Storyline um Olivia und Peter um und auch hier ist fraglich, inwieweit sich die Entwicklungen rund um Peter negativ auf deren Beziehung auswirken werden. In dieser Folge versucht Olivia Verständnis dafür aufzubringen, dass Peter sich in Fauxlivia verliebt zu haben scheint. Ihre Erklärung ist natürlich plausibel, schließlich war Fauxlivia, in ihren Augen, ihre nahezu identische Doppelgängerin, weshalb sich Peter also automatisch auch in Olivia verliebt hat. Olivia arrangiert sich mit dieser Option, obwohl wir Zuschauer natürlich wissen, dass zwischen Fauxlivias und Olivias Charakter Welten (bzw. Universen) liegen und Peter, als er noch geglaubt hatte, Fauxlivia sei Olivia, immer wieder erwähnt hatte, wie sehr ihm "Olivias" Veränderung zu gefallen scheint. Offen bleibt noch immer, ob bzw. wann Olivia bereit sein wird, sich auf eine Beziehung mit Peter einzulassen.

Ihre Neugierde bezüglich Fauxlivias Aufzeichnungen, in denen sie über ihre Gefühle gegenüber Peter schreibt, zeigt noch einmal mehr, dass Peter einen Platz in Olivias Herzen hat – und offenbar auch in Fauxlivias, sodass es mich brennend interessieren würde, wie Fauxlivia eigentlich mit ihrer Trennung von Peter klarkommt. Hat sie ihn schon vergessen oder waren da etwa doch tiefe Gefühle im Spiel? Generell bin ich gespannt, wann wir Fauxlivia und allgemein die andere Seite mal wieder zu Gesicht bekommen.

Dafür hat man mit Nina Sharp mal wieder einen Charakter von unserer Seite zu Gesicht bekommen, der mir in dieser Staffel bisher viel zu kurz kommt und in dieser Folge Gott sei Dank mal wieder einiges an Screentime hatte. Automatisch war auch Massive Dynamic endlich wieder präsent, das ebenfalls vernachlässigt wird. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Walter seit #3.02 Der Kasten der Alleinbesitzer des Unternehmens ist. Dahingehend war ich froh, dass in dieser Folge ein wenig auf seine Machtposition eingegangen wurde, auch wenn immer noch viel Potential darauf wartet, genutzt zu werden.

Fazit

"You have any chewing gum?"

"I'm sorry, he has this thing with his ears."

"It's not a thing with my ears. It's a blocked Eustachian tube and it's a perfectly natural reaction. Any flavor will do, although I'm rather partial to grape!"

Nein, so richtig glücklich lässt mich #3.11 Reciprocity nicht wirklich zurück. Der Fokus auf "The Vacuum", das Anschneiden der "First People"-Mythologie, sowie die spannend inszenierte Suche nach dem Gestaltwandler-Killer werden mir zweifelsfrei positiv in Erinnerung bleiben. Dem gegenüber stehen jedoch einige inhaltliche Unausgegorenheiten sowie die Entwicklung um Peter, der ich persönlich sehr kritisch gegenüberstehe, aber dennoch (oder gerade deswegen) gespannt bin, was die "Fringe"-Autoren mit diesem Charakter noch vor haben.

Manuel H. - myFanbase

Die Serie "Fringe - Grenzfälle des FBI" ansehen:


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