Bewertung

Review: #1.10 A 561 984

Foto: Michael Ealy, FlashForward - Copyright: 2009 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved./Adam Larkey
Michael Ealy, FlashForward
© 2009 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved./Adam Larkey

Nach zehn Episoden erscheint ein kurzes Zwischenfazit zur Entwicklung von "FlashForward" durchaus sinnvoll, doch zunächst einige Worte zu dieser Folge.

Lloyd und Simon gehen an die Öffentlichkeit und verkünden der Welt ihre vermutliche Schuld am Blackout. Das National Linear Accelerator Project (NLAP), zu dem die beiden Wissenschaftler gehören, hat am 6. Oktober 2009 versucht, mit einem Teilchenbeschleuniger den Urknall zu simulieren. Im Roman ist ein ähnliches Experiment – in Kombination mit einem zufälligen astrologischen Ereignis – tatsächlich die Ursache für den Blackout. Im Buch heißt der Leiter dieses Experiments ebenfalls Lloyd Simcoe, der allerdings, bis auf den Namen und den wissenschaftlichen Beruf, kaum Ähnlichkeit mit dem Lloyd aus der Fernsehserie hat, weshalb ich Buch und Serie auch hier klar trenne. Die vielen ungelösten Rätsel – ob nun "D. Gibbons" und "Suspect Zero", oder der Turm in Somalia mitsamt Mini-Blackout im Jahre 1991 – zeigen ohnehin, dass die Urknall-Simulation des National Linear Accelerator Projects keine allumfassende Erklärung sein kann.

Ich glaube weiterhin, dass Lloyds und Simons Experiment entweder gar nichts mit dem Blackout zu tun hat, oder dass es von den wahren Hintermännern in irgendeiner Form benutzt wurde. Wenn man bedenkt, dass es 1991 in Somalia schon einmal einen regional begrenzten Blackout gab, erscheint nicht abwegig, dass die wahren Drahtzieher einfach die Urknall-Simulation des NLAP als eine Art Verstärker zu verwenden wussten, um das Phänomen dieses Mal auf die ganze Welt auszudehnen.

Im Moment sind Lloyd und Simon nach ihrem Schuldeingeständnis natürlich die meistgehassten Männer der Welt. Die Wut der Menschen, die durch den globalen Blackout Freunde und Verwandte verloren haben oder deren Leben durch ihre jeweiligen Flashforwards (bzw. des Fehlen eines solchen) aus den Fugen geraten ist, richtet sich nun gegen die beiden Wissenschaftler. Lloyd wird schließlich sogar entführt, was aber nicht zwangsläufig das Werk von Menschen sein muss, die sich an ihm rächen wollen.

Simon schmeckt die Rolle des Buhmanns definitiv nicht und er will dem FBI-Team unter Stanfords Leitung beitreten, um zu beweisen, dass das Experiment nicht die Ursache für den Blackout war. So ungern Simon auch vor die Presse getreten ist, hat er sich im Grunde doch selbst in diese Lage gebracht, schließlich war er es, der den "Hey Lloyd, wir haben eine der größten Katastrophen der Menschheit ausgelöst, lass uns darüber reden"-Anruf getätigt hat und wie eine Heimsuchung bei seinem Kollegen aufgetaucht ist. Auch hatte Simon keine Probleme damit, sich als Kenner der Hintergründe des Blackouts darzustellen, um eine Frau aufzureißen (#1.06). Er bleibt somit ein dubioser Charakter, dem man noch lange nicht vertrauen darf.

Apropos Vertrauen. Die mysteriöse Anruferin, von der wir nun wissen, dass sie Nhadra Udaya heißt und eine in Hongkong lebende Iranerin ist, teilt Demetri mit, dass Mark derjenige sein wird, der ihn in nicht allzu ferner Zukunft erschießt. Okay, den Gedanken, dass Demetris späterer Mörder aus seinem näheren Umfeld stammt, musste man natürlich von Beginn an im Kopf haben. Ich zitiere mich selbst aus einer früheren Review: "Demetri befindet sich nun in der Situation, dass jeder Mensch um ihn herum sein zukünftiger Mörder sein könnte."

Noch ist es aber zu früh, Mark zu verurteilen, schließlich erweist sich Nhadra nicht unbedingt als vertrauensvollste Person, hat sie doch am Ende der Episode "D. Gibbons" in ihrem Wohnzimmer sitzen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass Nhadra ihren Flashforward falsch gedeutet hat und Demetri zwar mit Marks Waffe – Seriennummer A561984 – erschossen wird, aber nicht von Mark. Immerhin hat die Iranerin an ihrer Mosaik-Wand auch "A561984" unter Demetris Foto geschrieben und nicht Marks Namen. Abgesehen davon saß Mark in seinem Flashforward nicht im Gefängnis. Nun ist Mark aber zumindest (vorerst) nicht mehr beim FBI beschäftigt, was für seine Ehe und seinen seelischen Zustand kaum förderlich sein dürfte.

Zoey begreift derweil, dass sie in ihrem Flashforward nicht ihre Hochzeit, sondern eine Trauerfeier für Demetri gesehen hat. Dieser Gedanke wäre mir von alleine nie gekommen. Wer kann schon ahnen, dass eine Feier am Strand, auf der eine Frau ein weißes Kleid trägt, die Trauerfeier für den Verlobten besagter Dame ist? Als Zoey das erste Mal von ihrem Flashforward gesprochen hat, erwähnte sie auch, dass sie sich bei diesem Blick in die Zukunft glücklich gefühlt habe. So ganz stimmig finde ich das erst einmal noch nicht.

Mysterien-Schnipsel

  • Der CIA-Agent Marshall Vogel könnte ein neuer Nebencharakter werden, allerdings sind seine Bemerkungen, die ihn wohl geheimnisvoll wirken lassen und beim Zuschauer den Verdacht schüren sollen, dass er mehr über die Hintergründe weiß, letztlich nur substanzloses Blabla. Dass wir ein großes Puzzle vor uns haben und alle Beteiligten jeweils nur ein einzelnes Puzzlestück darstellen, wie Vogel so betont bedrohlich flüstert, wussten wir auch schon vorher. Immerhin basiert die ganze Serie auf der Idee eines Mosaiks, das zusammengesetzt werden muss.
  • Plötzlich geht es doch ganz schnell. Schon vor drei Episoden wollte Lloyd seinen Sohn Dylan in ein anderes Krankenhaus verlegen lassen, was aber scheinbar ein Ding der Unmöglichkeit war. Nun steckt er wegen seiner Selbstdenunziation als Blackout-Schuldiger in Schwierigkeiten und prompt kann Olivia für Dylan einen Platz in einer Kinderklinik auftreiben. Natürlich macht es Sinn, dass wegen möglicher Racheakte gegen Dylan das Tempo angezogen wird, trotzdem muss man sich fragen, warum Olivia nicht schon eher mit dieser Kinderklinik gekommen ist, um Lloyd aus ihrem Leben zu verbannen und ihre Ehe zu retten. Ganz so eilig schien es ihr damit bisher also doch nicht gewesen zu sein. Lloyds Entführung wird sie nun vermutlich noch mehr in sein und Dylans Schicksal involvieren.

Staffel-Zwischenfazit

Nun zum versprochenen Zwischenfazit. Die ersten beiden Episoden zeigten sich recht viel versprechend, doch danach begann ein Abwärtstrend, den nur die siebte Episode etwas abbremsen konnte.

Für meinen Geschmack machen es sich die Drehbuchautoren oft viel zu einfach, z.B. mit der klischeehaften Affäre des US-Präsidenten, die der FBI-Zentrale von Los Angeles vorerst die Finanzierung ihrer Blackout-Ermittlungen sichert, oder mit Marks unmotivierter Entdeckung der SMS, die Olivia über sein Alkoholkonsum im Flashforward informierte. Auch der ziemlich sorglose Umgang des FBI mit dem Selbstmord von Al Gough, dessen Abschiedsbrief per Post verschickt wird und sofort an die Öffentlichkeit gerät, wirkt etwas oberflächlich. Das sind alles keine kompletten Katastrophen, wirken sich aber doch negativ auf die Qualität der Storylines aus.

Die Charakterarbeit ist ein weiteres Problem. Nicole beispielsweise wurde, nachdem wir in der vierten Folge den Hauptinhalt ihres Flashforwards erfahren haben, erst einmal komplett beiseite geschoben und für die nächsten Episoden zur Eineinhalb-Szenen-Nebenfigur degradiert, die hauptsächlich damit beschäftigt ist, Bryce aufzumuntern. Unser Hauptheld Mark hat sich durch die Verfolgung von verkleideten Kids an Halloween schon ein wenig lächerlich gemacht und Olivia schafft es offensichtlich auch nicht, konsequent für ihre Ehe zu kämpfen. Lloyd und Simon haben etwas lange gebraucht, bis sie aufgehört haben, miteinander um den heißen Brei herum zu philosophieren. Und was ist nun eigentlich mit der kleinen Charlie, die in den ersten Episoden noch die unheilvollsten Kommentare von sich gegeben hat, aber zuletzt kaum mehr eine Rolle spielte?

Es muss in Zukunft noch einiges getan werden, um uns Zuschauern die Charaktere näher zu bringen und den Cast ausgewogener zu gestalten.

Maret Hosemann - myFanbase

Die Serie "FlashForward" ansehen:


Vorherige Review:
#1.09 Keiko
Alle ReviewsNächste Review:
#1.11 Die Offenbarung (1)

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier oder in unserem Forum mit anderen Fans von "FlashForward" über die Folge #1.10 A 561 984 diskutieren.