Bewertung
Ava DuVernay

Das Zeiträtsel

"Auf jedem Schritt deines Weges wirst du auf die Probe gestellt werden. Vertraue dir!"

Foto: Copyright: 2018 Disney
© 2018 Disney

Inhalt

Vor genau vier Jahren verschwand der Vater (Chris Pine) der 13-jährigen Meg Murry (Storm Reid) plötzlich wie vom Erdboden. Inzwischen ist der Tochter zweier bedeutender Physiker augenscheinlich alles egal. Selbst die Feindseligkeiten einiger Mitschüler prallen an dem Mädchen ab wie ein Basketball im Gesicht ihrer ärgsten Feindin Veronica Kiley (Rowan Blanchard). Hoffnung naht, als eines Tages drei weltfremde Frauen Meg und ihren kleinen Bruder Charles Wallace (Deric McCabe) aufsuchen und Unglaubliches berichten: Mr. Murry soll im Universum verschollen sein und um Hilfe gerufen haben. Meg zögert nicht lange! Gemeinsam mit Charles Wallace und dem selbstlosen Nachbarsjungen Calvin (Levi Miller) macht sie sich auf die Suche und bereist außergewöhnliche Planeten. Mit von der Partie sind die aufgekratzte Mrs. Soundso (Reese Witherspoon), die stets zitierende Mrs. Wer (Mindy Kaling) sowie die weise Mrs. Welche (Oprah Winfrey). Mit Unterstützung eines Sehers (Zach Galifianakis) kommen Meg und ihre Freunde dem Ziel – und einem im Dunkeln lauernden Gegner – schließlich näher.

Kritik

Im April dieses Jahres kam mit "Das Zeiträtsel" ein adaptierter Kinderbuchklassiker von 1962 in die deutschen Kinos, der viele Cineasten wie Filmkritiker vor ein desillusionierendes Rätsel stellte. Dabei setzte man im Hause Walt Disney große Hoffnungen in die "Selma"-Regisseurin Ava DuVernay, die mit ihrem Dokumentarfilm "The 13th" unter anderem für den Oscar 2017 nominiert wurde und mit der Romanverfilmung um Madeleine L'Engles "A Wrinkle in Time" nun eine abenteuerliche Bruchlandung in puncto Einspielergebnisse hinlegte. Seit einigen Tagen kann man sich in der Heimkinoversion selbst auf Rätselreise begeben und den persönlichen Filmgeschmack auf die Probe stellen.

Im Grunde durchlebt der Zuschauer in "Das Zeiträtsel" eine klassische, aber modern erzählte Heldenreise, die vom Grundkonzept an Geschichten wie "Die unendliche Geschichte" oder "Die Schneekönigin" erinnert. Gemeinsam mit ihrem kleinen Bruder Charles Wallace und dem hilfsbereiten Nachbarsjungen Calvin begibt sich die 13-jährige Heldin Meg auf die Suche nach dem lang vermissten Vater. Das Abenteuer ruft in Form von drei wundersamen Ratgeberinnen namens Mrs. Soundso, Mrs. Wer und Mrs. Welche, die einen Hilferuf aus dem Universum vernommen haben. Als magisches Reisemittel dient ein physikalischer Prozess, Tesserung genannt, mit dessen Hilfe die Protagonisten zu fiktiven Planeten reisen können. Es bedarf lediglich der richtigen Frequenz sowie Selbstvertrauen.

Natürlich wird Meg dieses innere Vertrauen im Handlungsverlauf erst noch entwickeln. Oder wie es die weise wie weißhaarige Mrs. Welche in Gestalt der mitunter überdimensionalen Oprah Winfrey ("Selma") anmerkt: Meg muss erst mit dem Universum und sich selbst eins werden, damit das Tessern für sie sicht- und fühlbar wird. Dass sich die von Storm Reid ("A Happening of Monumental Proportions") solide performte Heldin durch den jähen Verlust des Vaters ins eigene Schneckenhaus verkrochen hat und die Gemeinheiten der Mitschüler mit gespieltem Desinteresse quittiert, wird eingangs durchaus überzeugend ins keineswegs immer stimmige Bild gesetzt. Denn sobald Meg und ihre Verbündeten dem bösen ES auf die Spur kommen, verliert die Handlung an Charme und Magie.

Das Autorenduo um Jennifer Lee ("Die Eiskönigin - Völlig unverfroren") und Jeff Stockwell ("Brücke nach Terabithia") tessert den Zuschauer bisweilen zu blitzartig durch das Universum und lässt wenig Raum für plausible Erklärungen. So darf die clevere Meg auf den letzten Metern zwar ein kompliziertes Rätsel lösen, für den Beobachter bleibt der Lösungsweg jedoch selbst nach bestandener Prüfung ein Mysterium. Überraschende Aha-Momente werden ebenfalls vereitelt, da obligatorische Hilfsmittel und Ratschläge unübersehbar auf dem Silbertablett serviert werden. Stets, wenn Meg vor ein Problem gestellt wird, erahnt man ihren nächsten Schritt. Sogar das Wiedersehen mit Filmvater Chris Pine ("Star Trek Into Darkness") fällt entzaubernd aus. Zumal dem wissenschaftlichen Querdenker kurz darauf eine emotionale Entscheidung abverlangt wird, die aufgrund fehlender Vorbildfunktion und geringer Screentime unbegreiflich bleibt.

Kinderaugen könnten dennoch Gefallen an dem nach Schema F gestrickten Gut-gegen-Böse-Abenteuer finden. Wobei die Altersfreigabe ab sechs Jahren nicht uneingeschränkt zu empfehlen ist, da es im Finale höchst schaurig und wirr zugeht. Ansonsten wartet "Das Zeiträtsel" mit einer starken Heldin mit Identifikationspotential auf – nicht nur wegen ihrer dunklen Hautfarbe. So sieht sich das ungekünstelte Mädchen im Handlungsverlauf mit Themen wie Verlust, Mobbing, falschen Idealvorstellungen und einer zeitgemäßen wie allgegenwärtigen Bedrohung konfrontiert. Über das strenge Mienenspiel der jungen Storm Reid darf man indes uneins sein. Ihre Leinwandpräsenz kann gewiss nicht mit der einer strahlenden wie überschwänglich agierenden Reese Witherspoon ("Big Little Lies") mithalten, das würde aber auch nicht zu Megs Seelenzustand passen.

Neben Witherspoon, die als gradlinige Mrs. Soundso kein Blatt vor den Mund nimmt und sich sogar in eine ansehnliche Pflanze verwandelt, bringt Newcomer Deric McCabe ("Stephanie – Das Böse in ihr") als Megs aufgeweckter Bruder Charles Wallace frischen Wind in die Story, während Mindy Kaling ("Ocean's 8") als immerfort zitierende Mrs. Wer höchst unnahbar bleibt. Oprah Winfrey wiederum versucht sich als geistreiche Mrs. Welche ins Herz des Zuschauers zu spielen, nimmt ihre Aufgabe als Mentorin an einigen Stellen aber zu ernst. Ein junges Publikum dürfte sich vom übersinnlichen Charme der bunten wie extravagant gekleideten Misses verzücken lassen, für reifere Zuschauer könnten die spirituellen Reisebegleiterinnen hingegen eine Spur zu aufgezwungen handeln.

Gleiches gilt in visueller Hinsicht. Das Auge bekommt allerhand fantasievolle Sehenswürdigkeiten geboten. Sei es nach der ersten Tesserung auf eine farbenprächtige Blumenwiese, in touristischer Strandatmosphäre oder inmitten grob skizzierter Denksportaufgaben. Doch die CGI-lastigen Effekte drängen sich zu stark in den Fokus und laden nicht ausnahmslos zum Staunen ein, weil die markanten Computeranimationen oft zu gekünstelt, statt echt wirken. Obwohl der Romanzyklus um die Familie Murry vier Bände umfasst, ist es fraglich, ob es weitere Teile im Kino zu sehen geben wird. Ein kleiner Tipp am Rande: Die DVD weist keine Extras auf. Wer unsicher ist, könnte also alternativ auf ein Video-on-Demand-Angebot zurückgreifen.

Fazit

Die Romanverfilmung von Madeleine L'Engles "A Wrinkle in Time" erzählt ein klassisches Gut-gegen-Böse-Abenteuer mit überschaubarer Handlung und wenigen überraschenden Wendungen. Ein junges Publikum dürfte sich aufgrund fantasievoller Sehenswürdigkeiten, farbenfroher Kostüme und einer zeitgemäßen Botschaft dennoch verzaubern lassen. Wobei auch hier der persönliche Geschmack einer Prüfung unterzogen wird. Zuweilen wird die Weisheit zu überdosiert mit dem Löffel gegessen. Überdies ist eine Altersfreigabe ab sechs Jahren nicht uneingeschränkt zu empfehlen, da es im Finale höchst schaurig und wirr zugeht.

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Technische Details

Bildformat: 16:9 - 2.39:1
Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch für Hörgeschädigte, Französisch

Doreen B. - myFanbase
20.08.2018

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