Bewertung
Benny Chan

Shaolin

"Vielleicht wird das alles hier noch heute zerstört. Doch der Geist von Shaolin, jede Blume und jedes Blatt, jeder Balken und jeder Pfeiler, jeder Stein und jeder Ziegel lebt in uns weiter."

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Inhalt

China in den 1920ern: Warlords stürzen das Land in ihrem immerwährenden Streben nach Macht und Geld ins Chaos. Einer von ihnen ist der junge und arrogante Hou Jie (Andy Lau), der sogar einen Rivalen in einem Shaolin-Kloster tötet und damit gegen die heiligen Regeln dieses Ortes verstößt. Als Hou Jie erfahren muss, dass ihn Cao Man (Nicholas Tse), jemand aus seinen eigenen Reihen, verraten hat und nun nach seinem Leben trachtet, gelingt ihm die Flucht in eben jenes Shaolin-Kloster. Der dortige Abt verzeiht ihm und so lebt Hou Jie fortan im Kloster. Doch Cao Man ist fest gewillt, seinen Feind zur Strecke zu bringen und schreckt auch nicht davor zurück, das Kloster zu stürmen.

Kritik

Benny Chan kann mit Fug und Recht als das große Aushängeschild des Action- und Martial-Arts-Kinos in Hong Kong bezeichnet werden. Seit seinem ersten großen Erfolg im Jahr 1990 hat er zahlreiche Filme aus diesem Genre gedreht und dabei einen Zuschauerrekord nach dem anderen gebrochen. Drei treue Begleiter in einigen seiner Werke sind Andy Lau, der bereits vor 20 Jahren für Benny Chan arbeitete, sowie Nicholas Tse und Jackie Chan. Alle drei finden sich in Benny Chans neuestem Film "Shaolin" wieder, der trotz einiger Änderungen in der Handlung das Remake zu "The Shaolin Temple" aus dem Jahr 1982, dem ersten Film mit einem gewissen Jet Li in der Hauptrolle, darstellt.

Um dem Original möglichst gerecht zu werden, wurden Special Effects nur sehr sparsam eingesetzt. Ebenso hat man, aus Respekt vor den Shaolin-Tempeln, ein eigenes Exemplar für etwa 1,5 Millionen US-Dollar nachgebaut, damit keine echten Bauten zerstört werden mussten. In der Tat gibt sich der Film in dieser Hinsicht wohltuend zurückhaltend, wenn man von den wenigen Szenen absieht, die handlungstechnisch eine regelrechte Zerstörungsorgie erfordern. Dass ein vergleichsweise geringer Anteil an Spezialeffekten mitnichten zu einer reduzierten Inszenierung führen muss, beweist "Shaolin" eindrucksvoll. Die Kämpfe, choreographiert von Corey Yuen, der sich unter anderem für die spektakulären Auseinandersetzungen in "Transporter", "Romeo Must Die" und "X-Men" verantwortlich zeigte, sind sicherlich eines der Prunkstücke, sind sie doch extrem eindrucksvoll umgesetzt. Dass dabei jedoch immer wieder auf Seilzüge gesetzt wird, ist eher störend, insbesondere wenn die Aktionen dadurch schlicht unwirklich daher kommen.

Auch sonst scheint das Motto eher "Klotzen statt Kleckern" zu heißen. Nun ist das Kino in Hong Kong tatsächlich bekannt dafür, immer wieder bewusst Action mit großen Emotionen zu mischen. Diesen Ansatz merkt man auch bei "Shaolin" sofort. Es geht um Verrat, Familie, Treue, Liebe und so ziemlich alle anderen großen Gefühlsthemen, die man sich vorstellen kann. Dazu werden Kinder und unzählige Unschuldige getötet. Man muss teilweise vielleicht den asiatischen Film mit all seinen Eigenheiten kennen, um so manche Gefühlsausbrüche richtig einordnen zu können und nicht sofort als "Gefühlsduselei" abzustrafen. Ebenso rutscht der Film immer wieder in die typische Schwarz-Weiß-Malerei aus Actionfilmen ab, auch wenn er in einigen Situationen durchaus versucht, daraus auszubrechen. Während man Hou Jies Wandlung vom arroganten Anführer zum ausgeglichenen und ruhigen Mitläufer noch nachvollziehen mag, ist Cao Man der typische Action-Bösewicht und in dieser Form leider nur selten ernst zu nehmen. Ebenso sind die Shaolin-Mönche natürlich allesamt und ohne jegliche Ausnahme die Ruhe selbst und wenden nur dann Gewalt an, wenn sie dazu gezwungen werden, was bis zu einem bestimmten Punkt gut und gerne als Geschichtsverklärung bezeichnet werden kann. Andererseits beruht die Vorlage "The Shaolin Temple" wiederum auf einer beliebten Shaolin-Saga, wodurch so manche Simplifizierung und Verkürzung sicherlich verständlich ist. Darüber hinaus ist der Ausflug in die zutiefst pazifistische Philosophie der Mönche selten besser inszeniert worden.

Eines kann man dem Film zumindest nicht absprechen – dass er nicht ambitioniert genug ist. Optisch ist er schlicht atemberaubend schön, fängt er doch nicht nur spektakuläre Kämpfe ein, sondern auch die Schönheit der Natur und die Ruhe, die durch das Kloster ausgeht. Dazu gesellt sich ein Soundtrack, der in seiner Wucht manchmal sogar das Geschehen auf der Leinwand zur Randnotiz werden lässt. Andy Lau, spätestens seit "Infernal Affairs" einer der gefragtesten Schauspieler Asiens, drückt mit seiner Leistung dem Film seinen Stempel auf, und einen Jackie Chan als Nebendarsteller in der Hinterhand, der zumindest zeitweise für ein wenig Humor sorgt, kann man sowieso immer gebrauchen. 131 Minuten lang werden sogar immer wieder kleinere Nebenplots thematisiert, wie die der Shaolin-Mönche, die in guter alter Robin-Hood-Manier Reis von den Warlords stehlen, um sie den zahlreichen Menschen, die ihr Hab und Gut durch die bürgerkriegsähnlichen Zustände verloren, zu überreichen. Am Ende bleibt die Handlung zwar dennoch recht überschaubar, aber für das Genre ist sie vergleichsweise vielschichtig.

Fazit

"Shaolin" tut sein Möglichstes, um sich das Attribut "episch" zu verdienen. Vor geradezu malerischer Kulisse und mit historischem Hintergrund wird eine Geschichte von den ganz großen gefühlsgeladenen Themen erzählt. Die Kämpfe sind allesamt phänomenal choreographiert, die Darsteller überzeugend und die musikalische Untermalung teils einfach nur erdrückend. Am Ende scheitert die Einstufung als epochales Meisterwerk vor allem an den genretypischen Schwächen, wie einer recht schwachen Charakterzeichnung und der üblichen Schwarz-Weiß-Malerei, was jedoch von den vielen Stärken des Films überstrahlt wird.

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Andreas K. - myFanbase
20.11.2011

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