Bewertung
Massy Tadjedin

Last Night

Kannst du der Versuchung widerstehen?

Foto: Copyright: 2010 Warner Bros. Ent.
© 2010 Warner Bros. Ent.

Inhalt

Im Fokus von "Last Night" stehen Michael (Sam Worthington) und Joanna (Keira Knightley) Reed. Beide sind verheiratet und leben scheinbar die übliche Ehe zweier arbeitenden Menschen. Relativ glücklich, jedoch frei von der großen Leidenschaft, haben sich beide in der Ehe arrangiert. Als Joanna dann jedoch dabei zusieht, wie Michael einen intimen Moment mit seiner Kollegin Laura (Eva Mendes) teilt, wird ihr die Zerbrechlichkeit ihrer Ehe bewusst. Sie konfrontiert ihren Mann damit, der es jedoch als unbegründete Eifersucht abstempelt. Joanna beginnt zu zweifeln - auch weil Michael für eine Nacht mit jener Kollegin auf Geschäftsreise muss. Doch dann trifft sie ihren Ex-Freund Alex (Guillaume Canet) und die Dinge ändern sich...

Kritik

Liebesbeziehungen in Filmen sind immer so eine Sache. Zumeist endet der Film damit, dass eine Liebesgeschichte beginnt, oder er beginnt mit dem Ende einer solchen. Die Filme über den Verlauf der Beziehungen führen den Zuschauer dann oft zu den Problemen der Charaktere und zeigen den Verlauf ihrer Beziehung. Obwohl auch "Last Night" im Grunde nichts anderes als viele dieser Filme zu machen scheint, schafft es "The Jacket"-Schreiberin Massy Tadjedin in ihrem Regiedebüt aber dennoch mit ihrer unglaublichen detailgenauen und tiefen Aufarbeitung, den Film weit abzuheben von vielem, was bisher im Beziehungsdrama zu sehen war.

Es klingt schon wie eine typische – wenig neuartige - Geschichte, wenn man über den Inhalt des Films nachdenkt, erzählt er doch die traurige Geschichte einer Ehe, deren beide Parteien sich auseinandergelebt haben und die Dinge so lange schleifen lassen, bis die Möglichkeit eines Seitensprungs immer näher rückt. Aber Tadjadin schafft es, diesen Film eben nicht zu einem der typischen zu machen. Mit tollen Techniken schafft sie es, diese eine Nacht mit der Cleverness einer großen Regisseurin – in ihrem Regiedebüt wohlbemerkt – zu einem Erlebnis für die Zuschauer zu machen. Die Dialoge darin überzeugen ebenso wie Kameraarbeit und der ganze Stil des Films. Viel dabei ist auf das großartige Drehbuch zurückzuführen, zeigt es doch erst nach und nach die ganzen Geschichten der Charaktere auf und überrascht einen dabei immer wieder.

Dabei nimmt der Zuschauer wunderbarerweise die Rolle des Betrachters an und Tadjadin versucht auch gar nicht, ihn in die Geschichte einzubinden. Als Betrachter bleiben einem dann auch die kleinen Details nicht verborgen und der Zuschauer kann gleichzeitig in New York und Philadelphia dabei sein, wenn die Beziehung von Michael und Joanna auf die Probe gestellt wird. Dabei ist die große Frage, die man sich während des Films immer wieder stellt, wie es denn nun ausgehen wird. Glaubt man kurzweilig, jetzt dahintergekommen zu sein, wird doch wieder alles anders und so ist der Film so klar wie das Leben selbst – nämlich gar nicht. Er hält sich an keine Regeln und versucht dabei auch nicht, immer streng in eine Richtung zu gehen. Realitätsnah und menschlich erzählt er die Geschichte der Ehe von Michael und Joanna.

Obwohl sich Keira Knightley seit ihrem Erfolg mit "Fluch der Karibik" wahrlich nicht mehr zurück in das Independent-Kino hätte begeben und im Mainstream-Bereich viele hirnlose Filme hätte drehen können, so hat sie sich doch dagegen entschieden. Zwar immer wieder auch in großen Filmen zu sehen, zeigt Knightley schon allein mit ihrer Entscheidung, keinen weiteren "Fluch der Karibik"-Teil zu drehen, Hirn. Auch mit ihrer Annahme der Rolle in "Last Night" zeigt Knightley, wie erwachsen sie geworden ist und wie sehr sie sich auf ihre Stärken als Darstellerin verlassen kann. Denn hier ist es – wie im Theater – nur das Spielen der Schauspieler, das der Zuschauer zu sehen bekommt. Es gibt keine Schnörkeleien, keine Ablenkungen und nur wenige Charaktere in diesem Film. Und genau dabei erweist sich Knightley wieder einmal als großes Talent. Mit einem Blick schafft sie es, für Joanna Bände sprechen zu lassen, mit einem Lachen weiß der Zuschauer direkt, was in ihr vorgehen mag, und bei einer Träne will man gleich mit ihr weinen. Alles, was Knightley in "Last Night" macht, ist ehrlich, bodenfest und großartig. Man hat sie wohl selten besser und auch selten schöner gesehen.

Daneben ist es dann für die weiteren Darsteller weniger leicht, zu bestehen. Sam Worthington, der in "Avatar" ja weniger seine Schauspielarbeit als seine Körperbeherrschung zeigen durfte, hat hier allesamt Gelegenheit dazu. Leider scheint er damit jedoch auch an seine Grenzen zu stoßen und wirkt neben Keira gerade blass und lieblos. Viel besser macht es da Guillaume Canet, der hierzulande weniger in großen Rollen auffiel, jedoch vor allem im französischen Film große Erfolge feiert. In "Last Night" überzeugt der Franzose auf ganzer Linie und schafft es scheinbar mühelos, Schritt mit Knightley zu halten. Die Chemie der beiden funktioniert dabei mindestens genauso gut und macht den Gesamteindruck des Films nur noch besser.

Fazit

Massy Tadjedin hat sich mit diesem Regiedebüt gleich mal in der ersten Liga der Filmemacher etabliert. "Last Night" ist ein beeindruckender, mitreißender, spannender und doch unglaublich leiser Film geworden, der vor allem dank eines großartigen Drehbuchs und einer großartigen Keira Knightley zu überzeugen weiß.

Eva Klose - myFanbase
12.12.2010

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