Bewertung

Review: #2.15 Norden

Foto: Frank Dillane & Alycia Debnam-Carey, Fear the Walking Dead - Copyright: 2016 AMC
Frank Dillane & Alycia Debnam-Carey, Fear the Walking Dead
© 2016 AMC

Ich weiß gar nicht so richtig, wie ich bei dieser Review anfangen soll. Das liegt aber nicht daran, weil mich die Ereignisse des Finales so aufgewühlt hätten, dass mir die Worte fehlen würden. Vielmehr bin ich verwirrt, weil man mal wieder wichtige Storylines irgendwie abgebrochen und ihnen eine neue Richtung verliehen hat. Nun ist es auch gut, wenn nicht alles vorhersehbar ist, aber aus Prinzip immer etwas anderes zu tun, als man angedeutet hatte und dann damit nicht mal ganz nachvollziehbar zu erzählen, ist auch kein Ausdruck von Qualität.

"Wir finden was anderes."

Es war zu erwarten, dass das Hotel nicht die langfristige Perspektive bieten wird, die Madison sich ursprünglich erhoffte. Doch ich hatte mir ehrlich mehr von dem Ende versprochen, als eine simple Hass-Aktion. Nun war mir nicht bewusst, dass Travis hier Oskar so dermaßen verletzt hatte, dass er schließlich stirbt. Nun ist das aber passiert und so ist die Luft für Travis enorm dünn. Madison und Alicia stehen aber zu ihm, was ich absolut nachvollziehbar finde, und sind bereit, das Hotel wieder zu verlassen. Bei all den Emotionen kann ich das alles gut verstehen, aber ich finde, dass man ruhig auch immer mal die Fakten betrachten darf. Madison und Alicia haben es geschafft, dass gesamte Hotel von Infizierten zu räumen, was die anderen alle nicht annähernd geschafft haben. Nur dank ihnen gibt es dort Perspektive. Mrs. Stowe hatte ganz bewusst und ohne wirklichen Grund versucht, Strand zu töten. Im Gegensatz zu Travis war das keine Aktion im Affekt, zumal Oskar sich in gewisser Hinsicht auch einfach eingemischt hatte. Insofern wird hier schon mit zweierlei Maß gemessen. Trotzdem ist der Verlauf der Ereignisse akzeptabel. Ich hatte mir einfach nur erhofft, dass der Hotelkonflikt eher durch Madisons Willkommenssignal entstanden wäre und mehr etwas mit Kapazitäten zu tun gehabt hätte. So muss Alicia auch eine heftige Entscheidung treffen, Andres töten um Travis zu retten und somit schon wieder irgendwie alles richtig machen. Ich hoffe sehr, dass Alicia mit dieser Situation klarkommen wird, weil ihr Charakter in der zweiten Staffel wirklich die beste Entwicklung genommen hat. Ihr Optimismus, ihre richtigen Entscheidungen beeindrucken, zumal ich ganz zu Beginn von Staffel 1 eher dachte, dass sie das niedliche High School Girl mimen sollte, die bei jeder Maus gleich losschreit. Allein ihretwegen werde ich für die dritte Staffel wieder einschalten.

Zurück im Hotel bleibt Strand, der nun entweder keine Rolle mehr spielt oder aber erst mal alleine eine Storyline tragen soll. Das traue ich ihm zu, aber das Hotel sollte dabei keine Rolle mehr spielen. Das sind dann einfach zu viele Charaktere und eine ungeklärte Situation vor Ort, die unnötige Zeit in Anspruch nimmt, nur um einen Charakter, der eigentlich gar keine Ambitionen mehr hat, weiter zu betrachten. Aber wer weiß, was sich die Autoren hier nun einfallen lassen. Möglich ist letztlich alles.

"Ich bin nicht mehr der Mann, der ich einmal war."

Die intensivste Charakterbetrachtung in dieser Episode galt Travis, der mit seiner Wut insgesamt drei Menschen tötete und für sich mit dem Leben abgeschlossen hat. Der Tod von Chris hat alles zunichte gemacht, sein ganzes Wesen, seinen Drang, in dieser Welt immer noch Humanität über alles zu stellen. Nichts davon ist mehr da und Travis hasst sich dafür wahrscheinlich selbst so sehr, dass es ihm nichts ausgemacht hätte zu sterben. Seine Rettung durch Alicia hat ihn hoffentlich dazu gebracht, Madison und Alicia als Familie wieder in den Fokus zu rücken und sie nicht im Stich zu lassen. Immerhin ist er bei der Suche nach Nick aktiv dabei. Es bleibt nun die Frage, ob er sich wieder seinem alten Ich annähern kann, oder ob er jetzt furchtlos und immer wagemutig jedes Risiko in Kauf nimmt, weil ihm sein eigenes Leben nicht mehr viel wert ist.

"Das hier ist nichts für Feiglinge."

Während wir über Ofelia gar nichts Neues mehr erfahren (wen kümmert das auch), ist die zweite Storyline natürlich intensiv bei Nick, Luciana und Alejandro. Luciana will die Colonia nicht im Stich lassen und so geht Nick eben alleine, kehrt aber wieder um, weil er einen Hubschrauber gesehen hat. Ist es wahrscheinlich, dass man das bis dahin noch nicht mitbekommen hat? Naja, die leichte Hoffnung auf Hilfe sorgt dafür, dass man doch mit allen Menschen abhaut und so dem sicheren Tod entgeht. Allerdings treffen sie dann eben auf einen Grenzschutz, der auch keine Fragen stellt. Man ist also vom Regen in die Traufe gekommen. Irgendwie brauchte ich diesen Cliffhanger aber gar nicht. Die Colonia hängt mir nicht so am Herzen, als dass die Ungewissheit mich nun irgendwie am Ball halten würde. Luciana hat es auch nicht wirklich geschafft, so sehr zu überzeugen, dass man Feuer und Flamme wäre, auch was ihre Beziehung zu Nick an geht. Und dieser ist eh ein Einzelgänger. Dass die Grenze geschützt ist, haben wir bei Ofelia schon gesehen. Wirklich koordiniert scheint es aber auch nicht zu sein. Es herrscht also auch in den USA das Chaos, nur dass dort mehr Leute Waffen besitzen.

Was mich eigentlich am meisten stört, ist die fragwürdige Entwicklung in der Colonia selbst. Marcus und seine Truppen kommen locker in die Colonia rein, haben Waffen ohne Ende und gehen dann vor den restlichen Infizierten in die Knie, an denen sie gerade noch locker vorbeigegangen sind. Ernsthaft? Madison, Travis und Alicia können also einfach in die Colonia rein, dürfen vom Helden Alejandro noch die entscheidende Info bezüglich Nick in Erfahrung bringen und die ganzen Infizierten (und es müssen jetzt ja mehr sein, weil Marcus und Co. dabei sind) machen ihnen gar nichts aus. Mein Verstand gerät da ins Grübeln. Das ist mal wieder viel zu simpel gelöst. Und ich finde es schon peinlich, dass es Nick und Co überhaupt aus der Colonia geschafft hatten, ohne dass es jemand von Marcus' Leuten hätte mitbekommen können. Sie hatten doch schon alle im Blick. Da darf man ruhig ein paar Beobachter in der Nähe lassen. Insofern sind sie eben selbst schuld. Aber auch der Part war einfach enttäuschend.

Fazit

Das war sie nun also, die zweite Staffel von "Fear the Walking Dead". Das Finale ist irgendwie sinnbildlich für alle 15 Episoden. Es gab immer wieder richtig gute Ansätze, gute Ideen und auch einige gute Umsetzungen. Aus irgendwelchen Gründen hat man aber vieles davon nicht zu Ende gebracht, komische Wendungen eingefügt und neue Impulse gegeben, die immer wieder Unzufriedenheiten auslösten. So ist auch das Finale der Staffel insgesamt eher enttäuschend, weil es nicht das Versprechen der letzten Episode halten konnte. Schade. Und trotzdem reicht auch diese Episode aus, um so viel Neugier zu erzeugen, dass man zu Beginn der neuen Staffel wieder einschalten wird, auch wenn man jetzt nur dem Start der Mutterserie entgegenfiebert und "Fear the Walking Dead" erst mal als erledigt abhakt.

Emil Groth - myFanbase

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