Bewertung

Review: #1.10 Erntedankfest

Mit #1.10 Erntedankfest präsentieren die Macher von "Eine himmlische Familie" wieder einmal eine sehr dramatische Episode, die alle Familienmitglieder einbezieht. Obwohl es üblich ist, dass bei Erntedankfest-Episoden immer etwas Emotionales geschieht, gab die Situation um Julie weitaus tiefere Charaktereinblicke, als ich erwartet hätte.

Erfreulicher Besuch ?!

Es gibt immer mal wieder Episoden, die man so gut findet, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Um eine solche handelt es sich bei #1.10, daher beginn ich einfach mal mit Julies Ankunft. Ich muss ehrlich gestehen, dass mir Julie auf Anhieb sympathisch war. Sie wirkt herzlich, offen und liebenswert. Gerade deswegen fiel mir so schwer mit anzusehen, mit welchem Problem sie zu kämpfen hatte, doch diese schienen zunächst gar nicht dramatisch zu sein. Irgendwie ist es nämlich ganz verständlich, wenn man nach einem langen Flug und der Wiedersehensfreude mit der Familie etwas aufgekratzt ist. Dennoch hatte ich schon kurz darauf einen schlimmen Verdacht, als ich Erics Schwester so nervös sah, und ich behielt leider Recht, denn Julie ist Alkoholabhängig. Trotzdem blieb sie mir weiterhin sympathisch und ich stellte mir die Fragen, warum sie trinkt und wie die Familie mit einer solchen Situation umgeht, wenn sie es herausfindet.

Die Auffälligkeit

Simons Fähigkeit auszusprechen, was er denkt, und seine Eltern damit gelegentlich in Verlegenheit zu bringen, ist spätestens seit Renees Schwangerschaft bekannt. Auch in dieser Episode tat er genau das und brachte damit Julie, die eindeutig zu viel Wein trank, in Erklärungsnöte. Diesmal fand ich es jedoch mehr als angebracht, zumal auch Annie dieser Zustand bei ihrer Schwägerin aufgefallen ist. Doch anders als ihr Sohn, wollte sie diese Sache erst einmal mit ihrem Mann unter vier Augen besprechen, was ich nur allzu verständlich finde. Wahrscheinlich wollte sie Julie nicht vorführen und ich denke sogar, Annie ahnte, dass Eric diesbezüglich eine andere Sichtweise hat. Diese ist aber ebenso verständlich, wenn man bedenkt, dass es um seine Schwester geht, einem Familienmitglied, das ihm nicht nur am Herzen liegt, sondern das er auch schon sein Leben lang kennt.

Allerdings hatte ich auch bei Eric den leichten Verdacht, als würde er die Situation bzw. Julies Zustand nicht wahrhaben wollen. Vielleicht irre ich mich hier, aber es würde die ein oder andere Bemerkung, wie zum Beispiel dass der Wein gut sei, durchaus erklären. Bevor ich weiter auf Eric eingehe, möchte ich noch einmal kurz auf Simon zurückkommen, der mir in dieser Episode sehr leid tat. Zumal es sicherlich keine böse Absicht war, seine Tante zu verärgern, wobei ich mich natürlich schon wunderte, wie er wissen konnte, dass Julie an den Barschrank wollte. Ich vermute, seine Beobachtung beim Abendessen hat ihn das ahnen lassen.

Auch bei Annie scheint ihr Verdacht, ausgelöst durch ihre Beobachtungen, sich zu bewahrheiten. Als sie ihre Schwägerin nach dem Angriff auf Simon wütend aus dem Haus wirft, möchte sie ihre Ahnung bestätigt wissen und kontaktiert telefonisch Julies Freund. Für mich wurde hier allerdings nicht ganz deutlich, ob er Annie erklärt hat, weswegen er sich von Julie trennte und warum diese ihren Job verlor. Nach dem Gespräch hat Annie vermutlich eins und eins zusammengezählt.

Die Reaktionen

Da es hier besonders um Alkoholismus bei einem Familienmitglied geht, finde ich es auch immer sehr wichtig, die verschiedenen Reaktionen der einzelnen Personen zu sehen und auch zu verstehen. Gerade bei den Camden-Kindern waren diese so unterschiedlich wie Tag und Nacht und jede der auf den entsprechenden Charakter "abgestimmte" Reaktion war für mich nachvollziehbar. Ganz besonders hat mich Matt überrascht, zumal ich immer dachte, er wäre jemand, der schnell aus der Haut fährt. Aber wahrscheinlich bezieht sich das nur auf seinen Beschützerinstinkt, den er gegenüber seiner Schwester Mary hat, wenn sie mit Jungs ausgehen möchte. Überraschenderweise reagierte er sehr erwachsen und handelte entsprechend, wobei er es riskierte, durch sein Verhalten seine Freundin Mindy zu verlieren. Nebenbei bemerkt fand ich, dass sie sehr unsensibel reagiert hat, und vermutlich wäre die aufkeimende Beziehung auf Grund ihres Charakters nicht von langer Dauer gewesen wäre. Etwas Gutes hatte das vorzeitige Beziehungsende schließlich, denn so konnte sich Matt wenigstens vollkommen seiner Familie widmen und seinen Eltern die gute Stütze sein, die sie dringend gebraucht haben.

Sehr emotional fand ich Lucys Reaktion, gerade weil diese die Sensible in der Familie ist und die ganze Situation sie genauso schlimm wie Eric selbst trifft. Lucy bewies vielleicht deswegen sehr viel mehr Einsicht als ihre Schwester Mary, auf die ich gleich noch eingehen werde. Was mir in diesem Zusammenhang auch noch sehr gut bei ihr gefiel, waren die Erinnerungen an ihre Oma Jenny.

Annies harte Reaktion hat mich zwar anfangs erschreckt, jedoch fand ich es fair von ihr, Julie dennoch zu helfen. Das tut sie nicht nur, weil sie es als ihre Pflicht ansieht und eigentlich jeden Grund hätte, nicht so verständnisvoll zu sein, sondern weil sie Julie einfach mag. Dies zeigte sich ja schon bei dem kurzen Gespräch der beiden, als sich Annie jener anvertraute. Auch das Telefonat mit Julies Exfreund zeigte deutlich, wie viel ihr an ihrer Schwägerin liegt.

Simons anfängliche Vorsicht am Ende der Folge war nur allzu verständlich, gerade weil er seine Tante eigentlich sehr zu mögen schien und mit ihr sonst sehr viel Spaß zu haben scheint. Deswegen ist es nicht verwunderlich gewesen, wie sanft und ängstlich, Simon auf sie zugegangen ist. Zum Glück machte auch Mary einen Schritt auf Julie zu, nachdem sie sich beruhigt hatte. Obwohl ich ihre Reaktion und auch ihre Angst nachvollziehen konnte, fand ich sie zeitweise sehr überzogen. Immerhin schien Mary bis dato immer das verständnisvollste Kind der Camdens zu sein. Vielleicht wusste sie sich auch nicht anders zu helfen und wollte ihr Schwäche und Angst nicht zugeben, da sie befürchtete damit jemandem zur Last fallen zu können. Dennoch war es schön, dass sie sich nicht nur Matt anvertraut hat, sondern ihr Bruder sie auch dazu brachte, mit Julie zu reden.

Ganz besonders berührt war ich allerdings von Erics Reaktion und seiner herzergreifenden Hilfe seiner Schwester gegenüber. Ich glaube nämlich kaum, dass viele Menschen den Mut, die Kraft und vor allem das Durchhaltevermögen hätten, mit jemandem, der einem nahe steht, einen kalten Entzug durchzustehen. Wahrscheinlich fühlte sich Eric nicht nur zu dieser Hilfe berufen, sondern fühle sich auch noch schuldig, dass er Julies Problem nicht eher erkannte.

Der kalte Entzug

Hier möchte ich ein großes Lob an das Schauspielerische Leistung der bereits verstorbenen Deborah Raffin aussprechen! Es hat mich erstaunt und gleichermaßen berührt, wie sie die Stimmungsschwankungen und Angstzustände von Julie authentisch umsetzte. Besonders die kleinen Gesten und Mimik fanden hier große Beachtung, da diese das Ganze ausmachten. Ich mag mir gar nicht vorstellen, so etwas spielen zu müssen und dieses dann auch noch so berührend und realistisch beim Zuschauer ankommen zu lassen.

Ich denke auch, dass Julie zu Eric und seiner Familie kam, hatte wirklich den Grund, weil sie sich Hilfe erhofft hatte. Und vielleicht musste die Sache mit Simon passieren, damit Julie erkennt, was sie schon alles durch ihre Alkoholsucht verloren hat und was ihr droht, noch zu verlieren. Diese Selbsterkenntnis zeigte sich nicht nur durch die Entschuldigung bei Simon selbst, sondern auch durch die Selbsteinweisung in die Entzugsklinik, wobei ich natürlich denke, dass damit noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Leider kam nicht heraus, wieso Julie überhaupt alkoholabhängig wurde.

Fazit

Eine ausgesprochene emotionale Episode, die gezeigt hat, wie verhängnisvoll der Missbrauch von Alkohol sein kann. Allerdings zeigte der Inhalt auch auf, dass man dankbar für die Hilfsbereitschaft anderer Menschen sein sollte und keinesfalls mit seinen Problemen allein gelassen wird. Mit #1.10 Erntedankfest konnten die Macher mich vollkommen überzeugen.

Die Serie "Eine himmlische Familie" ansehen:


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