Bewertung

Review: #1.02 The Target

Okay, knapp eine Woche lang wurde weltweit der Pilot gebasht (ich fand mich ziemlich human, aber hey – wie gesagt, hatte ich mich aufgrund blinder Hoffnung zurückgehalten und das Bestmögliche im Piloten gesehen). Diese Woche also das "Follow-Up" – was die, in manchen Augen, Schmach des Piloten nicht vergessen macht, aber doch ein Schritt in die richtige Richtung ist. Wie bei allen Joss-Whedon-Serien muss man einfach Geduld haben. Geduld ist eine Tugend.

Echoes

Ehrlich gesagt, eine Flashback-Episode an zweiter Stelle ist nicht gerade die Erfindung des Rades, aber innovativ oder nicht, es hilft doch immens dabei, auf einfach gestrickte Weise wirklich viele Fäden aus dem "Vorher" einzuführen. Dass die Serie hier den einfachen Weg benutzt – also über direkte Konfrontation mit den Szenen, ohne langes (für den Zuschauer auch wirklich viel, viel zu anstrengendes) Andeuten und Rumdrucksen, was erfordert die Serie über einen längeren Zeitraum zu verfolgen (klang das alles ein wenig bitter?) – ist für mich gleich auf zwei Ebenen enttäuschend. Erstens: Dass die Seriengestalter (die Namenlosen) sich hier wirklich dazu hinreißen lassen, den weniger komplexen und weniger anspruchsvollen Weg zu nehmen, könnte für die Zukunft ein schlechtes Zeichen sein. Zweitens: Es hat (zumindest bei mir) funktioniert!

Ich gebe zu, ich schäme mich fast ein wenig dafür, dass ich mit diesem billigen Mentalisten-Trick (Uri, nicht die Crime-Serie) an Land gezogen wurde, aber zu meiner Verteidigung: Es war gar nicht mal schlecht gemacht. Die Flashbacks lassen (wie üblich) genug Spekulationsspielraum, führen in eine Geschichte ein, ohne sie wirklich zu erzählen und haben genug Haken, dass man (also für mich hier der Maßstab: ich) bis in die nächste Woche gezogen wird. Außerdem könnte man sich in den sieben Tagen bis dahin dabei ertappen, wie man darüber nachdenkt, was das Eine wohl bedeuten könnte und wie es mit dem Anderen wohl weitergeht (und das nicht nur, wenn man zufällig für eine spektakulär gute Seite Reviews schreibt – ich hoffe mal, dass das hier mindestens ein Redakteur liest!). Ich werde jetzt nicht genau darauf eingehen, welcher Inhalt der Flashbacks mich genau so fasziniert – vielleicht weiter unten, mal sehen ob ich noch Platz füllen muss – weil der Kernpunkt meiner Aussage sein soll, dass das Erzählmittel dieser Folge bei mir voll funktioniert hat und meine Aufmerksamkeit für mindestens eine weitere Woche sichert. Und wenn es bei mir klappt, könnte es auch bei genug anderen klappen, um mittelmäßige Werbeeinnahmen für FOX zu sichern.

Alpha

Hmm... hat ja nicht lange gedauert bis ich doch auf den Inhalt der Flashbacks eingehe. Die Geschichte, die diese Folge eigentlich als Kernpunkt schmückt (für mich ist es eigentlich eine andere und zeitlich gesehen ist es die PotW, aber zu beiden später) ist wohl die Einführung des ersten Scheiterns des Dollhouses. Der Name des Ganzen (logischerweise): Alpha.

Was diese Geschichte angeht, bin ich zwiegespalten. An sich ist die Geschichte für die Storyentwicklung der ersten Staffel ja nicht ganz uninteressant. Allein die Implikation, die das alles für die Identitätsfindung von Echo haben könnte, macht hier schon einiges her! Immerhin: Sie ist nicht die erste, bei der Teile von Imprints hängen bleiben. Es scheint also nicht daran zu liegen, dass Echo/Caroline einfach so besonders ist (was in meinen Augen auch einfach ein bisschen zu nah an der Auserwähltengeschichte dran gewesen wäre – ihr wisst was ich meine – obwohl das natürlich auch hier wieder dadurch zum Tragen kommt, dass ausgerechnet sie verschont geblieben ist, weil Alpha in ihr etwas Besonderes... bla, ihr wisst wie's weitergeht), sondern ein ernsthaftes Problem mit dem Verfahren an sich zu sein. Bleibt zu hoffen, dass das Ganze nicht zu oberflächlich moralisch ausgeschlachtet wird – was bei dem Creator ja durchaus eine ernsthafte Bedrohung ist – denn dieses ganze "ja, es ist nun mal nicht möglich, einfach die Seele eines Menschen zu entfernen yadayadayada..." bin ich einfach nicht bereit, mir anzutun. Auch die Auswirkungen von Alpha auf die Geschichte um Ballard sind natürlich nicht von der Hand zu weisen (Ist er der nackte Verrückte vor dem Fernseher? Und wenn ja, ist eine ganze Welt an Spekulationen offen: Erinnert sich Alpha an Caroline aus seiner Vergangenheit als "echter Mensch" und hat sie daher verschont? Empfindet er etwas für sie, weil beide das gleiche "Problem" haben? So zwei sind genug, ihr könnt euch ja auch in einem Spekulationsthread im Forum auslassen). Wirklich "the most intriguing" ist aber (wie schon letzte Woche) die Geschichte, die sich im Hintergrund um Dr. Saunders entwickelt (gut zu wissen, warum ein so schönes Gesicht im Fernsehen so entstellt wird). Also: Wie man sieht, die Auswirkungen und Verwebungen, die sich allein aus Alpha für die mögliche Zukunft der Serie ergeben, sind wirklich bemerkenswert und könnten es durchaus lohnenswert (wer sagt denn dieses Wort?) machen, sich die Serie doch noch ein paar Wochen lang anzusehen.

So, ich habe aber gesagt, dass ich zwiegespalten bin – also hier die schlechte Seite der Geschichte: Es ist einfach ein weiteres Klischee. Wie letzte Woche bei den Nebencharas wird hier die Mainstory der Staffel (ich nehme mal an, dass sie es wird) auf einem Klischee aufgebaut. Mal ehrlich: Eine Institution, die dubiose wissenschaftliche Praktiken anwendet und deren erste "Testreihe" furchtbar schief gelaufen ist und viele, viele Beteiligte (aber natürlich nicht die Drahtzieher) das Leben kostete und einige andere so zeichnete, dass ihre Treue zur Institution fraglich scheinen. Ich könnte in diesem Moment in eine Videothek gehen und mit ungefähr 25 Horror-, Semihorror- und Actionfilmen wieder kommen, deren Kernhandlung sich auf diese paar Grundlagen herunterkochen lassen (ihr glaubt mir nicht: Schaut euch einfach alle Empfehlungen an, die erscheinen wenn ihr "Resident Evil" bei irgendeiner Online-Shop-Website eingebt). Also könnte man sagen, dass die Serie dann (trotzdem) ein Knaller werden kann, wenn sie in der Umsetzung und Ausführung einfach bombastisch gut wäre (gibt ja einige Serien, die auf grundlegend uninnovativen Ideen beruhen, dann aber in ihrer Umsetzung einfach gut sind und deswegen wirklich gute Serien geworden sind) – aber bislang deuten die vergangenen 90 Minuten nicht wirklich in diese Richtung.

Ich finde, es ist noch nichts wirklich entschieden, was diese Geschichte angeht, aber die Überfüllung dieser zwei Folgen mit Klischees ist wirklich bedenklich. Einige der letztwöchigen Klischees wurden diese Woche ja gar nicht angefasst (Gott sei Dank!) aber eines...

Watcher...err...Handler

...wird einfach weiter ausgeschlachtet, bis es nicht mehr bluten kann. Die Vaterfigur, jepp... das Klischee wird in dieser Folge wirklich gelebt. Aber irgendwie fand ich dennoch einige Szenen ganz schön. Zu sehen, mit wie wenig persönlichem Engagement der liebe Boyd seine Stelle als Handler antritt und wie wenig er zu den Unterhaltungen mit Echo beisteuert (also ihren üblichen Rants nach einer "Mission") zeigt doch, dass er keine persönliche Bindung zu ihr aufbaut, auch wenn er die einzige Person ist, die sie in jedem Imprintzustand wieder erkennen würde. In dieser Folge zu sehen, wie diese persönliche Bindung auch von seiner Seite her entsteht, hat mir wirklich Spaß gemacht und wird ihn wahrscheinlich daran hindern, zu melden, dass Echo im Wald doch über ihr Imprint hinaus gegangen ist und eine persönliche Entscheidung getroffen hat, die "irgendwo anders" hergekommen sein muss. Dass wir genau diese Geschichte in einer anderen Farbe schon mal gesehen haben (durch eine von außen bestimmte "berufliche" Zusammenarbeit entsteht im Verlauf der ersten Folgen eine Beziehung, die dem Mädchen den Ersatzvater und weltlichen Anker schenkt und einem "ausgestoßenen" Mann einen neuen Lebenszweck vermittelt) zeigt wieder einmal das Kernproblem der ersten beiden Folgen bis hier hin auf: Es gibt einfach nichts Neues. Es ist eine Verkettung von Dingen, die man schon mal irgendwo gesehen hat (bei manchen Dingen weiß man sogar ganz genau wo, weil die gleichen Namen auf der Verpackung stehen) zu einem noch etwas holprigen Ganzen. Bislang wirkt es, als würden die Schreiberlinge einfach mit Story-Inhalten und Metaphern Lego spielen.

Ich muss hier eines anmerken: Viele können sicherlich sagen, dass es einfach nicht richtig ist, dass ich diese Serie die ganze Zeit mit Whedons Meisterstück vergleiche und dass ich "Dollhouse" einfach als eigenständige Serie betrachten und bewerten sollte. Nun ich würde gern – und wäre nicht Whedon die Person hinter dieser Serie, würde ich über die Beziehung zwischen Active und Handler sagen, dass der Produzent einfach ein klassisches dramatisches Stilmittel benutzt, dass so durchgekaut ist, dass es eigentlich als verdaut gelten sollte. Und ich würde anmerken, dass in meinen Augen dieses Stilmittel vor knapp zehn Jahren (plus-minus zwei) in der Beziehung zwischen Wächter und Jägerin einen Höhepunkt erlebt hat, der ein goldener Abschluss dieses Stilmittels im Serienformat hätte sein sollen. Ob ich es nun so formuliere, oder einfach die Werke von Joss direkt miteinander vergleiche, macht (für mich zumindest) keinen Unterschied.

Schnipsel

Wer meine "Veronica Mars"-Reviews kennt, kennt auch diese Kategorie (interessanter Weise habe ich sie dort auch in der Review zur zweiten Folge eingeführt). Wer sie nicht kennt, kann es sich logisch erschließen, wofür dieser Abschnitt da ist und könnte (bitte, bitte, bitte!) einfach mal eine "Veronica Mars"-Review lesen und dadurch vielleicht mal eine wirklich wundervolle Serie kennenlernen. Für alle, auf die weder das erste noch das zweite zutrifft: hier kommt meine "Restekategorie", die vollgestopft wird mit Dingen, die entweder nur beiläufig mein Interesse erweckt haben und auf die ich später oder früher eingehe/eingegangen bin oder aber dann mit eigentlich wirklich interessanten Sachen vollgestopft wird, wenn ich schon viel zu viel geschrieben habe – was meist entweder ein Zeichen dafür ist, dass ich einfach nicht die Klappe halten kann oder die Folge voller Infos war. Sucht euch aus, was es diese Woche war!

  • Die PotW verdient eigentlich kein Wort. Ich fand sie wirklich schwach (die Story an sich ist okay, aber viel besser umsetzbar, z.B. in "Supernatural" #1.15 Menschenjäger) – aber sie hat ihren Job getan. Der war nämlich als Wochen-Stand-Alone-Hülle für Flashbacks und die Entwicklung der Vaterfiguren-Story zu dienen und so den Fakt zu kaschieren, dass die Folge eigentlich ein komplettes Procedural-Werk ist.
  • Um gleich darauf einzugehen: Was ist aus der Drohung geworden, dass es Stand-Alone-ish werden soll? Ich war diese Woche ja positiv überrascht, weil nichts vorkam, was wirklich in einer Stand-Alone-Folge Sinn machen würde! Sehr gut!
  • Dushkus Performance-O-Meter schwankt diese Woche wieder erst nach links (schlecht) und dann nach rechts (gut) und dann wieder nach links. Einen wirklich überzeugenden Auftritt hat sie auch diesmal nicht abgelegt, aber ich schiebe das mal auf eine Eingewöhnphase an die neue Herausforderung.

Fazit

Eine Folge, die für die Staffelstory eigentlich als Pilot gelten sollte, sich dabei aber wieder etlicher Klischees bedient und eine Whedon-Selbst-Kopie in den Mittelpunkt stellt.

Ich frage es einfach: Warum macht man einen solchen Geschichten-Anfang nicht im Piloten (okay, vielleicht hat der "wahre" Pilot ja solche Elemente gehabt)? Aber egal: Die PotW nimmt diesmal für eine Hülle einfach ein bisschen zu viel Platz ein und die Klischee-Maschine rollt weiter über die Skripte der Serie. Aber irgendwie ist das diese Woche nur ein fader Beigeschmack, weil die Folge es aus irgendeinem Grund schafft, mich trotzdem zu fesseln. Hmm... woran kann es bloß liegen? Naja, muss ich nächste Woche wohl noch mal reingucken um es rauszufinden. Es geht bergauf!

Martin Schultze - myFanbase

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