Bewertung

Review: #1.02 Holz brennt nicht

"Du kannst mehr aus Dir machen" - das ist das Leitthema der zweiten Folge der ersten Staffel. Daneben werden Kevins Behinderung und sein Wunsch nach Normalität in den Fokus gestellt.

Die Folge besticht, wie ich finde, durch die Unaufdringlichkeit der Erzählung. Weniger spektakulär als vielmehr solide und sorgfältig, mit viel liebe zum Detail und einer gehörigen Portion Humor erhält der Zuschauer weitere Einblicke in die momentane Lebenssituation der Girardis. Da ist Joan, ein typischer Teenager, der gegen allzu strenge Schminkverbote ihres Vaters rebelliert und immer etwas vorlaut ist. Auf den ersten Blick scheinen die Girardis eine normale 'Durchschnittsfamilie' zu sein. Aber nichts ist wie es scheint und so gibt es in dieser Serie zwei Besonderheiten, durch welche sie sich von anderen unterscheidet. Da wäre zum einen Joan mit ihrer ganz speziellen Verbindung zu Gott. Zum anderen das stets präsente Thema um Kevins Behinderung.

Ausgehend von der Grundidee der Serie, dass Gott einer von uns ist und uns allen bewusst oder unbewusst alltäglich begegnet, wird das Leben um Joan und ihre Beziehung zu Gott weiter gesponnen. Äußerst amüsant und einfallsreich gestalten sich die vielfältigen Kommunikationswege, auf denen Gott versucht mit Joan in Verbindung zu treten - sei es als Nachrichtensprecher über das Fernsehen, als Hausmeister in der Schule, Pantomimen-Künstler in der Stadt oder in Gestalt eines kleines Mädchen auf dem Spielplatz. Bemerkenswert ist dabei, dass obgleich der Serie das Thema Gott und Glaube immanent ist, nicht versucht wird, bestimmte Glaubenssätze oder kirchliche Dogmen zu vermitteln. Vielmehr geht es primär um die Frage, wie sich das Leben gestalten würde, wenn Gott für jedermann sichtbar, aber dennoch nicht von allen gesehen, mitten unter uns leben würde.

In dieser zweiten Folge wird die Grundidee der Serie konsequent und logisch vorangetrieben. Joan, die sich zunächst gegen den Umstand, dass Gott mit ihr spricht gewehrt hatte, beginnt sich allmählich an die Situation zu gewöhnen. Es ist sogar ein Hauch von Euphorie zu spüren, wenn sie in dieser Folge versucht, die Aufgaben, die ihr Gott gibt, in einen größeren Zusammenhang einzuordnen. Wie selbstverständlich wird vorausgesetzt, dass es Gott tatsächlich gibt und er sich demjenigen zeigt, der willens ist, ihn zu bemerken und zu hören. Aus dieser Selbstverständlichkeit heraus, lässt sich der Zuschauer ebenfalls auf dieses gedankliche Experiment ein. Aufgrund dessen, das die Familie und ihr Leben in dieser Folge aber so durchweg normal dargestellt wird, wirkt die Handlung für den Zuschauer stets glaubwürdig. Dies ist umso erstaunlicher, da gerade bei dieser Thematik die Gefahr besteht, dass sich die Darstellung in klischeebehafteter Einfallslosigkeit oder Unglaubwürdigkeit verliert. Der soliden und humoristischen Darstellung in dieser Folge, ist es jedoch zu verdanken, dass ein solcher Eindruck gerade nicht entsteht.

Neben der sich intensivierenden Beziehung zu Gott, sehen wir in dieser Folge auch wie sich das Verhältnis zwischen Joan, Adam und Grace langsam aufbaut. Von Gott beauftragt, besucht Joan zu ihrem eigenen Erstaunen den Naturwissenschaftskurs für Fortgeschrittene, an dem Luke, Grace und Adam teilnehmen. Sehr lustig ist die Szene, in der Joan den letzten freien Platz in der letzten Reihe zwischen Grace und Adam erhält. Grace auf der einen Seite, sehr burschikos und rebellisch, auf der anderen Seite der ruhige und etwas zerstreut wirkende Adam. Beide auf den ersten Blick absolute Außenseiter und Joan in der Mitte. Das kann ja heiter werden an der neuen Schule, scheint sie sich zu denken.

Schön zu sehen ist jedoch, dass Joan im Laufe der Folge feststellt, dass Grace und Adam doch mehr zu bieten haben, als auf den ersten Anschein zu vermuten war. Grace ist ein heller Kopf und Adam ist ein begnadeter Künstler. Ganz klar wird hierbei eine fast erzieherische Botschaft vermittelt, dass Menschen nicht nach Äußerlichkeiten oder sozialem Status, sondern nach Ihren inneren Werten beurteilt werden sollen. Bei aller moralischen Intention, kommt lobenswerter Weise der Humor nie zu kurz und so wird diese wichtige und zutreffende Lebensweisheit verpackt im humoristischen Gewand äußerst dezent transportiert.

Zweiter Haupthandlungsstrang dieser Folge ist Kevins bestandene Fahrprüfung. Seine Eltern wollen ihm ein Auto kaufen, doch Kevin ist nicht begeistert davon. Für ihn ist das ein Akt des Mitleids. Früher als er noch nicht behindert gewesen sei, hätten ihm seine Eltern nie ein Auto gekauft. Das Thema um Kevins Behinderung ist stets präsent ohne jedoch plakativ oder aufdringlich erzählt zu werden. Es ist keine Sendung 'über' einen Behinderten, sondern 'mit' einem Behinderten. Eher beiläufig fügt sich die Geschichte um Kevin, den Unfall und seine daraus resultierende Behinderung in das Konzept der Serie ein, ohne den Zeigefinger zu erheben, belehren oder Mitleid erregen zu wollen. Absolut überzeugend dargestellt ist der Versuch der Eltern, ihren Sohn wieder in die Normalität zu führen. Das Auto, entpuppt sich letztendlich tatsächlich als 'Vehikel' zu mehr Normalität für Kevin. Er ist damit wieder ein Stück mehr Teil des alltäglichen Lebens, auch wenn er gleichzeitig feststellen muss, dass er noch einen weiten Weg in die Normalität hat und sein größtes Hindernis dabei er selbst zu sein scheint.

Zu guter letzt erhält der Zuschauer auch einen Einblick in Wills Leben. Dieser hat seinen Job als Polizeichef erst vor kurzem angetreten und schon bekommt er zu spüren, dass die Arbeit kein Spaziergang werden wird. Will wird als ehrlicher und integrer Mensch präsentiert - ein 'Gut-Mensch' durch und durch. Immer der Wahrheit verhaftet, für meinen Geschmack teilweise fast zu gut um wahr zu sein. Ein bisschen mehr Ecken und Kanten würden diesem Charakter sicherlich gut tun. Interessant ist jedoch der Ansatz, dass Will sich nicht in das alt eingefahrene und obrigkeitshörige Gefüge pressen lassen möchte. Es bleibt spannend, welche Wege er finden wird, seine Einstellung in die Praxis umzusetzen.

Fazit

Insgesamt eine sehr solide Folge. Zwar gibt es (noch) keine wirklichen Höhepunkte, dafür aber werden die Geschichten um die Protagonisten sorgfältig und mit einer gehörigen Portion Humor erzählt. Gute und sinnige Unterhaltung, die auf weitere gute Folgen hoffen lässt.

Anne L. - myFanbase

Die Serie "Die himmlische Joan" ansehen:


Vorherige Review:
#1.01 Zeig mir ein Wunder
Alle ReviewsNächste Review:
#1.03 Keine Ahnung von Schach

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "Die himmlische Joan" über die Folge #1.02 Holz brennt nicht diskutieren.