Bewertung

Review: #8.12 Abschied

Foto: Michael C. Hall, Dexter - Copyright: Paramount Pictures
Michael C. Hall, Dexter
© Paramount Pictures

Es ist nie einfach, ein Serienfinale zu bewerten, da sehr viele Faktoren hier mit einfließen. Im Hinterkopf hat man immer, dass die Serie, mit der man viele Jahre verbracht hat, zu Ende geht. Die Charaktere verdienen einen guten Abschied, die Storys sollten nachvollziehbar zu Ende gebracht werden und die Entwicklung der letzten Episoden spielt auf alle Fälle eine große Rolle. Nach der letzten Folge waren die Erwartungen an dieses Finale nicht sehr groß. Es sollte mit "Dexter" zu Ende gehen. Die große Frage war: Auf welche Weise verabschieden wir uns von dem Serienkiller, der uns acht Jahre lang begleitet hat? Nach langem Überlegen gehe ich deshalb bei dieser Review ganz nach meinem Gefühl und aktuell bin ich tatsächlich zufrieden - wer hätte das gedacht?

"I love you. Remember that every day until I see you again."

Eines ist klar: Diese Staffel war nicht die beste von "Dexter". Sie hat vielversprechend angefangen und hat dann eine Wendung genommen, die unerklärlich ist und teilweise einfach unspektakulär war. Es gab viele Fehler, man hat sich auf Dinge konzentriert, die keine Rolle spielen und die Interaktionen vermieden, die am interessantesten waren. Damit meine ich im speziellen die Beziehung zwischen Dexter und Debra, die sehr viel Potential hatte, das man einfach verschenkt hat. In diesem Serienfinale rückt diese Beziehung jedoch noch einmal stark in den Vordergrund und verändert besonders für Dexter alles. Es gibt kein Happy End für ihn und genau das ist es, was mir am meisten zusagt. "Dexter" wäre für mich nicht "Dexter", wenn der Hauptcharakter, ein Serienkiller, glücklich irgendwo Cocktails schlürft und ein normales Leben führt. Nach acht Jahren war dieses Ende einfach nicht zu sehen und man kann den Autoren nur dafür danken, dass sie sich eben für kein Happy End entschieden haben.

Stattdessen erleben wir in Dexters Leben nochmal ein großes Auf und Ab. Er ist kurz davor, mit Hannah durchzubrennen, doch ihm werden Steine in den Weg gelegt, sodass er sich von ihr verabschieden muss. Er denkt hier nur an Debra, seine Schwester, die all die Jahre an seiner Seite stand und ihm viel mehr bedeutet, als er es jemals zugeben konnte. Deshalb gibt er auch Harrison in die Obhut von Hannah und seine Erleichterung, als Harrison ihm sagt, dass er Hannah liebt, ging einem sehr zu Herzen. Man war beruhigt, weil es dem kleinen Harrison bei Hannah gut gehen wird. Obwohl sie eine Killerin ist, wusste man immer, dass sie Dexter auf ihre Art und Weise liebt und für Harrison alles tun würde. Mit diesem Gedanken kann man Abschied von den beiden nehmen und für Dexter ist sicherlich auch klar, dass sein Sohn in ihrer Nähe behütet aufwachsen wird. Dexters Entscheidung, nicht mit Hannah zu gehen und sie und Harrison in Ruhe zu lassen, hat für ein paar Tränchen gesorgt, ganz besonders, als er Harrison klar macht, dass er ihn liebt. In diesem Moment war endgültig klar, dass Dexter das glückliche Leben, das er mit Hannah wollte, niemals haben wird.

"I wish I could blame you for everything, but I know it's all my fault."

Bis es zu dieser Erkenntnis kommt, passiert jedoch noch einiges. Saxon will Debra umbringen, um sich an Dexter zu rächen und das führt zu zwei, sogar drei sehr gut inszenierten Szenen. Zum einen treffen die beiden im Krankenhaus aufeinander und Dexter denkt nicht einmal daran, dass man ihn schnappen könnte. Er will Saxon beseitigen, damit er niemandem in seiner Familie jemals wieder weh tun kann. Michael C. Hall drückt die Gefühle von Dexter erneut wunderbar aus, denn ihm ist egal, was passiert. Er will Saxon umbringen, komme was wolle. Das führt letztendlich dazu, dass er Saxon mit einem Stift in die Halsschlagader sticht und ihn brutal beseitigt. Die Konfrontation der beiden ging einem unter die Haut, weil man genau wusste, was Dexter vorhat und Saxon erneut diesen Psychoblick hatte, der ihm in der letzten Folge so gefehlt hat. Nach der Erkenntnis, dass es Debra nicht besser gehen wird, ist es Dexter womöglich auch egal, was mit ihm passiert. Hauptsache Saxon überlebt den nächsten Tag nicht mehr. Doch so großartig diese Szene auch war, was folgte war noch viel besser. Batista und Quinn schauen sich die Aufnahmen an und wissen in diesem Moment ganz genau, dass Dexter zu Saxon gegangen ist, um ihn umzubringen. Sie wissen genau, dass es keine Notwehr war und dass Dexter genau wusste, was er macht. Besonders an Quinn hat man gesehen, dass er Dexters Worte nicht glaubt und dennoch werden sie akzeptiert. Die Polizei lässt Dexter gehen und obwohl hier alles dagegen spricht, so passt es zu der gesamten Entwicklung des Miami Metro. Hier stand nie zur Debatte, dass Dexter geschnappt wird und das Handeln von Batista zeigt ganz deutlich, dass Dexter weiterhin mit allem durchkommt, was er macht. Obwohl das eigentlich nicht sein kann und man hier den Kopf schütteln müsste, passt es perfekt zur Situation und schließt damit das Fehlverhalten der Polizei auf seine Weise perfekt ab.

"I screwed up your life." - "I don't want you to feel guilty about anything... The next word I want to hear you say is 'goodbye'."

Nachdem Saxon von Dexter umgebracht wurde und er Hannah und Harrison zurücklassen muss, bleibt nur noch eines bei Dexter zurück und das ist der Schmerz. Nach all den Jahren haben wir mitbekommen, wie Dexter immer mehr menschliche Züge annimmt. Er öffnet sich, er verliebt sich und stellt eine Verbindung zu den Menschen in seiner Umgebung her. Er ist nicht mehr nur dieser Psychopath, der Killer umbringt. Er ist Dexter, ein Mensch, der erkennt, dass er Gefühle empfinden kann. Und Debs Zustand lässt ihn erkennen, dass er großen Schmerz empfindet und seine Schwester nicht mehr in seinem Leben haben wird. Nach der letzten Folge hätte ich nicht gedacht, dass Debs Tod doch noch solche Auswirkungen haben wird. Und das zeigt mir, dass die Autoren hier richtig gehandelt haben. Deb wird nie mehr wie früher sein und muss beatmet werden, um weiter zu leben. Nach den Flashbacks mit Dexter und Deb erkennt er, dass er das Leben seiner Schwester zerstört hat. Dass er das Leben der Person, auf die er sich immer verlassen konnte, zerstört hat. Das schmerzt ihn so sehr, dass er nicht anders kann, als sich selbst dafür zu bestrafen. Und was daraufhin folgt, ist eine wunderbare Aneinanderreihung von Szenen, die mich jetzt noch stark mitnimmmt, obwohl ich gesagt habe, dass es sicherlich nicht der Fall sein wird.

Zum einen steht Dexter in seiner hellen Kleidung auf dem Balkon und erkennt, dass ihn der Schmerz auffrisst. Dass all seine Taten zu Debs Tod geführt haben und dass er dafür verantwortlich ist. Und wäre er der Psychokiller, der keine Emotionen empfinden kann, dann wäre er einfach verschwunden. Doch hier kommt die Menschlichkeit wie nie zuvor zum Vorschein und er zieht sich die Kleidung an, in der wir ihn so oft gesehen haben. Die dunkle Kleidung - seine Kleidung, wenn er einen Mord begeht. Unter Tränen verabschiedet er sich von Deb, sagt ihr, dass er sie liebt und bringt sie auf ein Boot, so als ob sie ein Opfer von ihm wäre, was sie schließlich auch ist. Und da spielt es keine Rolle, dass ihn keiner vom Krankenhauspersonal gesehen hat. In dieser Szene spielen nur Dexter und Deb eine Rolle und als er sie in dem weißen Tuch ins Wasser schmeißt, kommen einem einfach die Tränen. Dexter begeht erneut einen Mord, doch dieses Mal ist er alleine Schuld daran, er hat es soweit kommen lassen und muss nun damit leben. Das zwingt ihn auf die Knie und man sieht in Michael C. Halls Gesicht den Schmerz, den Dexter empfindet. Einfach großartig!

Was darauf folgt, wäre für mich eigentlich das perfekte Ende gewesen. Dexter fährt auf Hurrikane Laura zu bringt sich um. Kein Happy End, nur der Tod eines Menschen, der erkannt hat, was er Schlimmes in der Welt getan hat. Damit wäre ich vollkommen zufrieden gewesen und deshalb war ich über die letzte Szene dieser Serie so hin- und hergerissen. Dexter lebt, er hat sich nicht umgebracht, sondern lebt ein Leben abseits jeder Zivilisation. Das hätte für mich beim ersten Mal Schauen nicht sein müssen, doch wenn man länger darüber nachdenkt, macht es tatsächlich Sinn. Dexter lebt einsam, ohne Familie, ohne Freunde und ohne seinen Dark Passenger. In der letzten Szene hören wir kein Voice-Over, wir sehen nur Dexter vor uns, der voller Schmerz vor uns sitzt und eigentlich nichts mehr im Leben hat. Er ist verloren mit all den Taten, die er je begangen hat. Er hat kein glückliches Leben, sondern das schlimmste, das man sich vorstellen kann. Abgeschottet von allem, die größte Strafe, die er sich selbst geben kann. Er muss mit seinen Gefühlen, seinem Schmerz und seiner Verzweiflung weiter leben und bestraft sich somit nicht selbst mit dem Tod, sondern mit einem Leben voller Einsamkeit und keinem Glück. Denkt man länger darüber nach, macht es bei der Wandlung des Charakters Dexter Sinn, ihn so zu sehen. Zudem weiß man nicht, was mit ihm passieren wird. Man weiß nur, dass er nicht glücklich sein wird und für immer bereuen wird, was er getan hat. Wenn das mal kein Happy End ist, dann weiß ich auch nicht. Die Stille am Ende der Folge, das Verlorensein hat im Nachhinein einfach sehr gut gepasst und schließt die Serie auf eine Weise ab, mit der ich definitiv leben kann.

Fazit

Nach dieser Staffel war es für die Macher sicher nicht einfach, ein Finale zu schaffen, das jeden zufriedenstellt. Doch für mich ist ihnen das gut gelungen, ich kann mit dem Ende sehr gut leben und kann es nach längerem Überdenken auch nachvollziehen. Das Ende zeigt, dass Dexter eine große Wandlung gemacht hat und auch wenn ich mit dieser Staffel meine Probleme hatte, so finde ich das Nicht-Happy-End eine perfekte Wahl für Dexter, der von Staffel zu Staffel menschlicher wurde und sich nun bewusst ist, was er den Menschen in seiner Umgebung angetan hat. Er empfindet Schmerz, er empfindet Liebe und der Verlust von Deb zwingt ihn zu einem Leben abseits von allem - eine Strafe, die sicherlich nicht schlimmer sein könnte.

Alex Olejnik - myFanbase

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