Bewertung

Review: #5.15 Entführt (1)

Mit #5.15 Entführt (1) startet die Doppelfolge in der Castles Familie, beziehungsweise vor allem seine Tochter Alexis in den Mittelpunkt gerückt wird und Richard sich mit der wohl schwierigsten Zeit seines Lebens auseinandersetzen muss. So wird der in den vorigen Episoden stark fokussierte Nebenplot um Castle und Becketts Beziehung zwar nicht weggelassen, jedoch in dieser Folge eher etwas nebensächlicher behandelt.

"Why shoot up a van?" – "Maybe Jack Bauer was driving it."

Wie jede Folge "Castle" beginnt auch diese hier mit einem Todesfall. Ein Mann schießt mehrmals auf einen Van und wird danach von diesem überfahren. Als Zuschauer sieht es somit erstmals aus, als wäre diese Episode eine wie jede andere und auch für Beckett und Castle ist die Aufklärung des Mordes an dem jungen Mann einer von vielen. So macht Castle seine Bemerkungen über diverse Filme und TV-Serien und hat gleich das Gefühl sich in der Welt der Spione wiederzufinden, als Esposito und Ryan in der Wohnung des Ermordeten diverse Überwachungsgeräte finden. Als dann auch noch der erste Verdächtige mit dem Namen Bram Stoker auftaucht, geht Castles Fantasie mit ihm durch und neben Spionen scheinen plötzlich auch noch Vampire in den Fall verwickelt zu sein. Diese Leichtigkeit am Anfang der Folge ist ein sehr angenehmer Einstieg und damit wird auch in einer Episode, in der sich der Zuschauer anschließend mit einem veränderten Castle abfinden muss, zuerst dafür gesorgt, dass das bekannte Feeling der Serie eingebunden wird.

Als sich dann herausstellt, dass es nicht nur ein Mord sondern auch noch eine Entführung einer jungen Frau aufzuklären gibt, verändert sich die Stimmung im Team schlagartig. Es geht nun darum, sich mit den verängstigten und besorgten Eltern von Sara El-Masri abzugeben, ihnen wertvolle Informationen zu entlocken, ihnen die Hoffnung nicht zu nehmen und sie doch aufs Schwierigste vorzubereiten. Aber vor allem geht es darum, die Entführer von Sara zu finden, damit die junge Frau lebend zu ihren Lieben zurückgebracht werden kann. Bereits hier bemerkt man als Zuschauer, dass Beckett viel professioneller an den Entführungsfall herangehen kann als Castle. Einerseits liegt dies natürlich sicherlich daran, dass Castle kein ausgebildeter Polizist ist, anderseits dringt bei ihm durch, dass er selber Vater einer Tochter ist und sich so ansatzweise in die Situation von Saras Eltern hineinversetzen kann.

"They took Alexis too."

Fast zwanzig Minuten lang ist die Episode zwar spannend aufgebaut und hat durch die Entführung von Sara einen etwas ernsteren Touch als andere "Castle" Folgen erhalten, doch scheint sie sich immer noch nicht extrem von dem "normalen" Aufbau der Episoden abzugrenzen. Dies ändert sich schlagartig, als das Team herausfindet, welche Veranstaltung Sara kurz vor ihrer Entführung besucht hat und als am Veranstaltungsort bekannt wird, dass sie zusammen mit Alexis dort aufgetaucht ist. Die nächste Szene schafft einen unglaublich guten Übergang zu dem veränderten Richard, zu dem Richard mit welchem wir es nun bis zum Ende der Folge und wohl auch noch in der nächsten zu tun haben werden.

Als Castle erfährt, dass seine Tochter mit Sara die Veranstaltung besucht hat, ist er zunächst erfreut, denn so hat das Team eine vertrauensvolle Zeugin, die ihnen sicherlich Auskunft über Saras weitere Pläne geben kann. So ruft er voller Tatendrang seine Tochter an, ist zuerst erstaunt, dann verwirrt, anschließend besorgt und schließlich geschockt, als das Telefon gleich in der Nähe von ihm anfängt zu klingeln und er und Beckett feststellen müssen, dass sich Alexis Handy bei den verlorenen Gegenständen befindet. Nach einigen Sekunden wird sowohl Castle als auch Beckett klar, dass die Entführer nicht nur Sara sondern auch Alexis mitgenommen haben.

Diese neue Erkenntnis verändert natürlich den ganzen Fall. Nun ist es nicht mehr irgendein Polizeifall den es aufzuklären gibt, nein nun steht das Leben von Castles Tochter auf dem Spiel und dies macht den Fall für alle Beteiligten, insbesondere natürlich für Richard, persönlich. Die Autoren haben es geschafft, bis zu diesem Zeitpunkt eine unglaubliche Spannung aufzubauen, die mit der Wendung des Falles den Höhepunkt zu erreichen scheint. Doch weitgefehlt, als sich Castle und Beckett nach der Erkenntnis, dass auch Alexis entführt wurde mit Agent Harris vom FBI treffen und der ihnen klarmacht, dass Alexis wohl einfach zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen ist, sich die Entführer aber wohl vor allem für Sara und das Geld ihrer Familie interessieren, kann die Spannung noch einmal gesteigert werden, denn nun wird wohl nicht nur Castle, sondern auch jedem Zuschauer klar, dass Alexis in Lebensgefahr schwebt. Denn was passiert mit ihr, wenn die Entführer finden, dass sie nun nicht mehr gebraucht wird?

Der Fall wird von nun an also mit jeder Minute spannender und man ist als Zuschauer kaum mehr vor dem Fernseher zu halten, will man doch unbedingt wissen was mit Alexis und Sara passiert ist. So verfolgt man gespannt wie das Team alles daransetzt Hinweise über den Verbleib der jungen Frauen zu finden und man leidet mit Castle mit, als der Van mit Blutspuren im Inneren gefunden wird, genauso wie man mit ihm aufatmet, als Untersuchungen ergeben, dass es sich dabei nicht um Alexis Blut handelt. Durch die Spannung, die der Fall hervorruft und durch das mitfiebern mit dem Charakter Richard Castle, ist mir erst beim zweiten Anschauen der Episode die grandiose schauspielerische Leistung von Nathan Fillion aufgefallen. Er schafft die Verwandlung vom Lebemann Castle, welcher mit viel Fantasie immer wieder Witz in die zu lösenden Fälle bringt, anschließend jedoch auch immer mit seinem scharfen Verstand zur Lösung derjenigen beiträgt, zum Vater, der alles dafür tun würde, seine entführte Tochter wiederzubekommen. So legt er fast von einer Sekunde zur anderen seine sonst so typische unbeschwerte Art ab und in seiner Mimik sieht man nun Besorgnis, Trauer, Wut, jedoch auch Entschlossenheit bis zum Äußersten zu gehen. Eine Szene in der diese Mimik hervorragend zur Geltung kommt, ist diejenige als Beckett ihn mit dem Verdächtigen Douglas alleine lässt und er an dessen emotionale Seite appelliert. Hier kann man aus den Augen von Castle herauslesen, wie schwer es ihm fallen wird, Douglas zum Reden zu zwingen, dass er jedoch nicht eine Sekunde zögern wird, Mittel anzuwenden, an welche er bis dahin wohl nicht einmal gedacht hat.

So unglaublich wie es klingt, aber die Autoren schaffen es schließlich die Spannung zum Schluss hin noch einmal zu steigern. So wird sich eines Mittels bedient, das man schon aus diversen Serien und Filmen kennt. Das Team findet einen möglichen Aufenthaltsort der Mädchen heraus und ein Spezialkommando unter der Leitung von Agent Harris, der mit Dylan Walsh meiner Meinung nach übrigens perfekt besetzt wurde, macht sich auf zur Stürmung dieses Hauses. In kurz abwechselnden Szenen wird nun die Stürmung und die gefangen gehalten Mädchen gezeigt, so dass der Zuschauer eine gewisse Zeitlang das Gefühl hat, dass die Befreiung kurz bevorsteht. Die Stürmung führt ins Nichts, dafür haben die Mädchen einen Weg gefunden aus ihrem Zimmer auszubrechen und die Spannung wird dadurch aufrechterhalten und endet schließlich in einem unglaublich gut gemachten Cliffhanger, in welchem Castle und Alexis nach einem kurzen Telefonat gleichzeitig herausfinden, dass sich Alexis nicht mehr in den USA sondern in Paris aufhält. An dieser Stelle dürfen sich die deutschen Zuschauer bei Sat1 bedanken, denn der Sender hat den zweiten Teil der Doppelfolge #5.16 Entführt (2) gleich anschließend an den ersten Teil ausgestrahlt. Die US-Zuschauer wurden eine Woche auf die Folter gespannt und konnten es wohl kaum erwarten, endlich zu erfahren wie es mit Alexis in Paris weitergeht.

"You do whatever you need to do to get him back his little girl. Anything you need Detective."

Auch wenn die Serie stark auf Castle fokussiert ist, wird in mehreren Szenen klar, dass das ganze Team hinter ihm steht. Hier ist vor allem auch Captain Gates zu erwähnen, die so abweisend und hart sie gegen Castle immer tut, ihn doch als vollwertiges Mitglied des Teams akzeptiert und ihn auch als Menschen schätzt. Dies bestätigt sich durch ihre Aussage gegenüber Beckett, dass diese alles tun soll um Castle seine Tochter zurückzubringen. Obwohl auch bei Ryan und Esposito immer wieder angedeutet wird, dass sie alles tun würden um Alexis wiederzufinden, hätte ich mir hier gewünscht, dass etwas deutlicher gezeigt wird, dass sie Richard vollständig unterstützen. Doch dies ist ein kleines Manko in dieser perfekten und spannungsgeladenen Folge und wurde wohl aufgrund sonstiger Szenen und der beschränkten Laufzeit einer Episode rausgestrichen.

Sehr gut gefallen haben mir auch die Szenen zwischen Castle und seiner Mutter Martha. Vor allem in der einen Szene in der sich Castle bei seiner Mutter entschuldigt, wird klar, dass Martha in Alexis Leben viel mehr als "nur" ihre Großmutter ist. Sie ist viel mehr fast eine Mutter für Alexis, ist sie doch eigentlich die weibliche Bezugsperson im Leben von Richards Tochter. Fast noch mehr hat mir jedoch Marthas Antwort auf die Entschuldigung ihres Sohnes gefallen, denn damit wird klar, was in der Serie schon länger immer wieder angedeutet wird. Auch wenn Martha oft komische Ideen hat und manchmal etwas verrückt wirkt, sie unterstützt ihren Sohn voll und ganz. Sie liebt ihre Nichte und geht in der Rolle der "Ersatzmutter" für diese völlig auf, doch liebt sie vor allem auch ihren Sohn und unterstützt diesen in der Erziehung seiner Tochter und in vielen sonstigen Angelegenheiten. Und auch jetzt, in dieser schwierigen Situation versucht sie ihm Kraft zu geben, für ihn stark zu sein, obwohl sie sicherlich selber genauso leidet. Aber sie stellt ihren Sohn an die erste Stelle, macht ihm Mut und steht ihm bei und zeigt so klar, dass sie ihn in allen Bereichen unterstützen wird.

"Alexis is her fathers daughter, she is strong and she is smart and she is going to get through this."

Mit dieser Aussage hat Martha den Nagel auf den Kopf getroffen. Denn es ist nicht Sara, die einen klaren Kopf behält, sondern Alexis. Sie kann Sara beruhigen und ihr klarmachen, dass sie sich daran erinnern soll, was ihr Bodyguard ihr beigebracht hat. Die Tipps helfen den beiden jungen Frauen zwar nicht die Entführer auf ihre Seite zu ziehen, doch geben sie beiden ein gewisses Selbstvertrauen, was dazu führt, dass sie nicht in Panik ausbrechen. Schließlich hat Alexis die grandiose Idee die Türe mithilfe einer Haarspange zu öffnen, etwas was sie von ihrem Vater gelernt hat. Die Flucht aus dem Zimmer gelingt und auch wenn Alexis es nicht schafft ganz zu fliehen, so kann sie immerhin kurz mit ihrem Vater telefonieren und die Ermittler können ihren Aufenthaltsort ausfindig machen. Etwas was ohne Alexis Mut und Tapferkeit nicht möglich gewesen wäre. Diese Charaktereigenschaften von Alexis hier so klar hervorzuheben hat mir sehr gut gefallen, denn so sieht man gleich die Parallelen zu ihrem Vater und es wird wieder einmal klar, was für einen Einfluss er in ihrem Leben hat. Dies gibt dem Handlungsstrang noch ein Stückchen mehr Tragik, da einem bewusst wird, wie nahe sich Vater und Tochter stehen.

"Castle listen to me... " – "Don't, don't promise me you will find her unless you can do it, because I would never forgive you, anymore than I'd ever forgive myself."

Obwohl die Episode die Beziehung von Castle und Beckett eher nebensächlich behandelt, ist sie natürlich trotzdem vorhanden und es werden sogar ein/zwei Szenen gezeigt, die meiner Ansicht nach für die Beziehung der Beiden unglaublich wichtig und bedeutend sind. So wird relativ schnell klar, dass Beckett alles tun wird um Alexis wieder zu finden und ihrem Partner und Freund durch diese schwere Zeit zu helfen. Das zeigt sie ihm sehr gut, indem alles was bisher für sie wichtig war, wie beispielsweise die Verheimlichung ihrer Beziehung vor Gates, plötzlich vollkommen nebensächlich wird. Für mich bedeutet das, dass die Beziehung der Beiden schon sehr an Tiefe gewonnen hat und sie einander unglaublich wichtig sind. Vor allem von Becketts Seite aus wird dies hier klar, denn schließlich entscheidet sie sich in diesem Moment in gewisser Weise für Castle und gegen ihren Job.

Castle erweckt mit seiner Aussage, welche ich als Überschrift dieses Absatzes gewählt habe, hingegen den Eindruck, dass er Beckett von sich stößt. Dieser Eindruck täuscht jedoch meiner Meinung nach gewaltig. Castle will damit andeuten, dass er nicht will, dass sie in ihm falsche Hoffnungen weckt, er will Ehrlichkeit von ihr, gerade weil sie auch privat eine Beziehung führen. Er weiß, dass Beckett alles unternehmen wird um Alexis zu finden und er vertraut ihr dabei, jedoch kann er als Vater nicht tatenlos daneben stehen und nichts unternehmen, denn das würde er sich niemals verzeihen. Für mich sieht es also keineswegs so aus, als würde dieser Fall dazu führen, dass sich die Gefühle zwischen Beckett und Castle in irgendeiner Weise ändern werden. Vielmehr wird durch die vielen kleinen Gesten klar, dass die Beiden einander vertrauen, sich gegenseitig zur Seite stehen, jeder in so einer Situation jedoch das tun muss, was er am besten kann und das heißt Beckett muss das ganze als Fall aus Sicht einer Polizistin angehen und Castle muss und will als Vater agieren.

Fazit

Eine hervorragender erster Teil einer Doppelfolge, in der es den Autoren gelungen ist, die Spannung die ganze Folge über immer wieder zu steigern, bis sie zum Schluss in einem gewaltigen Cliffhanger den Höhepunkt findet. Nathan Fillion, der es mit seiner guten schauspielerischen Leistung schafft, die Veränderung Castles perfekt darzustellen, trägt noch dazu bei, dass ich diese Episode mit der vollen Punktzahl auszeichne und hoffe, dass der zweite Teil sich in Sachen Qualität mit dieser Folge messen kann.

Maria Schoch - myFanbase

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