Bewertung

Review: #2.11 Mandala

Foto: Aaron Paul, Breaking Bad - Copyright: 2009 Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.
Aaron Paul, Breaking Bad
© 2009 Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.

Es gibt da eine Szene in Sauls Büro, in der Jesse ganz unverblümt eine Waagschale der Justitia-Statue als Aschenbecher benutzt. Prinzipiell spiegelt dieser Moment die Prämisse, der sich "Breaking Bad" als Serie allgemein stellt, perfekt wider: Die Justiz wird zu den eigenen Gunsten enthebelt. Angesichts hunderttausender Dollar wird Gerechtigkeit zum Störfaktor, da werden sämtliche ethische Grundsätze über Bord geworfen, da umgeht man das Gesetz nicht nur, man bricht es. Dies passiert in #2.11 Mandala an zwei verschiedenen Enden: Auf der einen Seite haben wir Walter und Jesse, die ihr wertvolles wie illegales Crystal Meth über einen mysteriösen Drogenboss an den Mann bringen wollen – auf der anderen Seite muss Skyler eine unangenehme Entdeckung machen, die Ted Beneke als Finanzbetrüger entlarvt.

Dass nach der langen Reihe von bombastischen Episoden mal eine "nur gute" Folge bei dieser zweiten Staffel von "Breaking Bad" rausspringt, ist natürlich Jammern auf hohem Niveau. Nachdem #2.10 Schluss vor allem als eine wichtige Auszeit diente, um die emotionale Lage der Protagonisten auszuloten, fungiert diese Folge als Schnittstelle zwischen jener Entwicklung, die Walter und Jesse bis zu diesem Punkt durchgemacht haben, und dem mit Sicherheit explosiven Finale von Staffel 2. Dafür wird ein weiterer neuer Spieler aufs Feld gebracht: Gustavo 'Gus' Fring, den Saul über diverse Ecken kennt, und der sein Drogengeschäft nicht mit rabiater Gewalt, sondern mit höchster Vorsicht seit 20 Jahren erfolgreich durchzieht. Geschickt präsentiert die Serie uns den unscheinbaren Gus nur zaghaft, Schritt für Schritt, bis er sich im Gespräch mit Walter als ein äußerst raffinierter und unbeirrbarer Profi herausstellt. Auf den ersten Blick scheint Gus definitiv ein weitaus passenderer Geschäftspartner für Walter und Jesse zu sein als Tuco, doch Vorsicht ist sicherlich dennoch geboten.

Denn wie am Beispiel von Ted Beneke deutlich wird, kann der Schein trügen. Skyler findet heraus, dass Ted die Bücher fälscht und fast eine Million Dollar veruntreut hat. Ted verteidigt sich zwar damit, dass er seine Firma und seine Mitarbeiter retten will, doch für Skyler, die eine ganz klare Vorstellung von richtig und falsch hat, gibt es keine Ausreden. Teds Entlarvung wirkt so ein bisschen wie ein milder Vorgeschmack dessen, was Walter blühen könnte, sollten seine Drogengeschäfte gegenüber Skyler jemals ans Licht kommen. Dass ihr Ehemann Meth vertickt, würde Skyler aber sicherlich nie so leicht hinnehmen wie Teds Finanzbetrügereien. Immerhin taucht sie am nächsten Tag wieder im Büro auf und überlegt, ob sie Ted vielleicht doch noch eine Chance geben sollte – nicht zuletzt, da die gegenseitige Anziehung, wie auf Teds Geburtstagsfeier überdeutlich wird, mittlerweile unbestreitbar ist. Auch wenn es positiv ist, dass Skyler durch diese Storyline wieder mehr tun darf, als nur hochschwanger hinter Walter herzulaufen und sich Sorgen um ihn zu machen, so wirkt die ganze Affäre um Ted bislang noch recht platt. Es wird sich zeigen, ob sich auf lange Sicht mehr daraus entwickeln können wird.

Schwierig zu beurteilen ist auch Jesses Storyline. Nach dem brutalen Mord an Combo (dito Walter: "Which one was Combo again?") verliert sich Jesse in Trauer und Schuldgefühlen, da er seinen Freund dazu angestiftet hatte, in fremdem Gebiet Meth zu verkaufen und Combo dafür mit seinem Leben zahlen musste. Es ist einerseits nachvollziehbar, wieso Jesse, der bekanntermaßen ein sensibler Kerl ist, so mitgenommen vom Tod seines Freundes ist und sich selbst die Schuld daran gibt. Andererseits wirkt der Mord an Combo so ein bisschen wie der erzählerisch gewollte, notwendige Tritt in die Richtung, in die die Autoren Jesse bringen wollen: nämlich hin zum Crystal Meth, hin zum Junkie-Dasein. Man ist von den Autoren der Serie mittlerweile eine so hochklassige Erzählführung gewohnt, dass Combos Tod an dieser Stelle fast etwas zu gewollt platziert wirkt. Gleichzeitig war ein Rückfall Jesses sicherlich auch nur eine Frage der Zeit, denn wie Gus Walter noch warnte: "You can never trust a drug addict." Dass Jesse ausgerechnet zu dem Zeitpunkt die Kontrolle über sich verliert, als Walter ihn am dringendsten braucht, wirft das soeben gefestigte Vertrauensverhältnis zwischen den zwei Männern natürlich gewaltig zurück, doch Walter hat jetzt erstmal andere Sorgen.

Denn als er nach viel Überzeugungsarbeit die Chance bekommt, durch Gus mehr als 1,2 Millionen Dollar zu verdienen, steht für Walter alles auf dem Spiel. Er hat nur eine Stunde Zeit, um die Drogen zu Gus zu schaffen, kann nicht auf Jesse zählen, der völlig high in der Wohnung liegt, und muss dann auch noch erfahren, dass bei Skyler soeben die Wehen eingesetzt haben. Die letzten Minuten der Episode erlebt man als Zuschauer wie in einem Rausch, angesteckt durch Walters extreme Stresssituation und den großen Zwiespalt, ob er den Drogendeal über die Bühne bringen oder Skyler beistehen soll. Doch eigentlich ist die Entscheidung schon gefallen.

Am Ende dieser Folge steht die Spannung auf Anschlag: Mit einem fiesen Cliffhanger wird in die Credits umgeschalten – und das zweifelsohne actionreiche Staffelfinale wird eingeläutet. Als Vorbereitung auf eben jenes funktioniert #2.11 Mandala gut: Es stellt die Weichen für einen möglicherweise lukrativen neuen Geschäftsdeal für Walter und Jesse, es treibt Jesse in eine gefährliche neue Richtung, die sowohl seine Beziehung zu Walter als auch zu Jane gefährden könnte, und es erzeugt zusätzliche Aufregung durch Skylers verfrüht einsetzende Wehen. Trotzdem wirkt die Folge für "Breaking Bad"-Verhältnisse storytechnisch etwas forciert und unfertig. Aber wie gesagt, das ist wirklich Jammern auf einem sehr, sehr hohen Niveau.

Maria Gruber - myFanbase

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