Bewertung

Review: #2.09 Ein Totengräber und die noch Lebenden

Foto: Michaela Conlin & T.J. Thyne, Bones - Copyright: 2006 Fox Broadcasting Co.; Carin Baer/FOX
Michaela Conlin & T.J. Thyne, Bones
© 2006 Fox Broadcasting Co.; Carin Baer/FOX

Quentin Tarantino machte es vor – es gibt nichts spannenderes, als einen Ermittler lebendig zu begraben. Während im Finale der fünften Staffel von "CSI: Den Tätern auf der Spur" der Ermittler Nick Stokes in einer Plexiglasbox vollkommen hilflos um sein Leben fürchten musste, bringt Hart Hanson gleich zwei Mitglieder des Teams von "Bones" unter die Erde. Da sich die beiden Episoden durchaus ähneln, lohnt es sich vielleicht, ab und zu mal einen Blick darauf zu werfen, was man bei "Bones" vielleicht hätte besser machen können, damit die Episode so einschlägt, wie es #5.24 Grabesstille von "CSI" getan hat.

Lebendig begraben

Wir erfahren in dieser Episode nicht viel über den mysteriösen "Totengräber", der Menschen entführt, unter die Erde bringt und sie nach Zahlung eines Lösegeldes wieder freilässt. Kleine Spuren lassen vermuten, dass die Journalistin Janine O'Connell und der leitende FBI-Ermittler Thomas Vega mehr zu wissen scheinen, doch wirklich geht man auf diese Hinweise nicht ein. Oder es wird bewusst darauf verzichtet – dieses mal steht das Team im Vordergrund, denn es gilt, zwei der ihrigen zu retten.

Es gehört wohl zu den (vielen) Urängsten der Menschen, lebendig begraben zu werden. Hilflos in der Dunkelheit zurück gelassen, unsichtbar für den Rest der Welt und dem Druck der Erde hilflos ausgeliefert. Unheimliche Vorstellung. Ich wäre ganz und gar nicht ruhig, wenn ich mich irgendwo in der Pampa in einem Auto umgeben von Dreck und nichts als Dreck wiederfinden würde. Brennan und Hodgins scheinen da wohl etwas gefestigter zu sein. Kein Anflug von Panik, keine Hysterie und keine Angst vor dem drohenden Tod.

Ein bisschen stört mich die Ruhe der beiden Akteure, weil sie für den Zuschauer am Bildschirm kaum nachvollziehbar ist. Es gibt keine großen Emotionen, die die beiden menschlicher macht. Hier sind ganz klar zwei Wissenschaftler verbuddelt worden, die kaum Anflug von Angst zeigen. Ganz anders - und vor allem wesentlich realistischer – war da dann doch schon die Reaktion von Nick Stokes im Finale der fünften Staffel. Als er in seinem Sarg erwacht, ereilt ihn erst einmal ein regelrechte Koller und er schlägt wild um sich. Absolut nachvollziehbar – ich glaube, ich könnte in so einer Situation nicht mehr klar denken. Während Nick und ich also vor Angst fast verzweifeln, stellen Brennan und Hodgins Berechnungen an, sammeln Beweise auf ihren Entführer und analysieren mit Hilfe von Parfüms und Kameraobjektiven, wo sie denn vergraben sein könnten. Eben das, was geniale Wissenschaftler so tun, wenn man sie entführt und verscharrt. Gut, man könnte auch sagen, sie beschäftigen sich, um nicht tatenlos auf ihren Tod zu warten und hoffen dabei, dass das Team sie bald findet. Und sicher blieb den beiden in einem geräumigen Wagen wesentlich mehr Spielraum, während man den armen Nick in einer schmalen Plexiglasbox gefangen hielt. Und dennoch fände ich hier eine kleine Panikattacke oder wenigstens einen Anflug von Irritiertheit und Auswegslosigkeit angebracht. Aber darauf wartet man bei der stoischen Brennan wohl vergeblich.

Das Team

Ein gutes Team gibt nicht auf, ehe man das vermisste Mitglied gefunden hat – egal ob tot oder lebendig. Da zählen keine Überstunden, keine anderen Fälle und keine persönlichen Probleme. Es gilt nur, den Vermissten zu finden. Und doch reagieren alle unterschiedlich auf das gewaltsame Auseinanderbrechen des Teams. Da gibt es Menschen, die während der Suche an dessen Zweck zweifeln (bei CSI war es Warrick, bei Bones war es Zach), es gibt Mitläufer, die dabei stehen und auf die richtige Eingebung warten (CSI: Sara, Bones: Angela) und natürlich gibt es auch die Teamleader, die alles daran setzen, den Vermissten zu finden, weil sie eine fast schon persönliche Beziehung zu dem vermissten aufgebaut haben (CSI: Grissom, Bones: Booth).

Eigentlich ist das Team zur Nutzlosigkeit verdammt, denn ohne Hinweise sitzt man tief in der Klemme. Hier, finde ich, orientiert man sich ein wenig zu stark am Beispiel CSI, auch wenn alle Parallelen sicherlich rein zufällig sind. Absicht wollen wir den Drehbuchautoren da nicht unterstellen und schon gar keinen Ideenklau.

Und so ist schließlich Booth der einzige aus dem Team, der die Hoffnung nicht eine Sekunde lang verliert und auch noch an eine Rettung glaubt, als die errechnete Zeit bereits abgelaufen ist. (Übrigens finden die CSIler Nick auch erst weit nach Ablauf des Ultimatums) Woran liegt das? Nun ja, es gibt anscheinend immer jemanden, der den Glauben an den Überlebensinstinkt des Menschen nicht verliert und einfach nicht aufgeben kann. Gott sei Dank – im wahrsten Sinne des Wortes, denn Booth glaubt, dass es nur Gott zu verdanken ist, dass das Team so gut zusammen gearbeitet hat und nicht aufgegeben hat. Kann man jetzt unterstützen, muss man aber nicht.

Die Rettung

Letztendlich ist es Zach, der durch eine von Hodgins unglaublich schnell verfasste SMS auf die richtige Spur kommt. Er identifiziert anhand von Hodgins Daten, die er aus dem umliegenden Dreck gewonnen hat, die genaue Stelle, wo der Grave Digger Brennan und Hodgins begraben hat. Schon witzig, inwiefern man sich auch hier wieder an dem vermeintlichen Vorbild aus CSI orientiert, denn dort findet der Entymologe Grissom durch eine ganz spezielle Ameise heraus, wo man seinen Tatortermittler begraben hat. Gott sei Dank gibt es in jedem guten forensischen/ anthropologischem Team jemanden, der sich mit Dreck und Insekten auskennt.

Und so eilt das gesamte Team schließlich zu dem besagten Ort, gerade rechtzeitig um zu sehen, wie eine von Brennan ausgelöste Explosion des Airbags ein wenig von dem besagten Dreck aufwirbelt und alle auf sie aufmerksam macht. Keine Rettung ohne eine kleine Explosion - als man Nick aus seinem Sarg befreit, wird eine Bombe, die darunter befestigt worden war, ausgelöst und detoniert. Zufall? Bestimmt. Am Ende sind beide Teams wieder vereint und glücklich.

Die Nachwirkungen

Booth dankt Gott für die Hilfe und für das Team, ohne dessen Zusammenspiel eine Rettung nicht möglich gewesen wäre. Brennan ist fast so stoisch wie immer, neigt aber dieses Mal gar nicht dazu, Booth zu widersprechen. Gibt sie ihm etwa recht? Bestimmt nicht unsere Brennan. Vielleicht hat sie nur erkannt, dass es manchmal besser ist, den Mund zu halten. Während man schweigend in der Kirche sitzt und dem Herrn dankt, finden am anderen Ende der Stadt zwei Menschen zueinander, die sich eigentlich dagegen gewehrt hatten. Angela und Hodgins werfen endlich alle Probleme beiseite und wagen den Schritt in eine Beziehung. Manchmal muss der Liebste wohl in Lebensgefahr gebracht werden, bevor man erkennt, dass die Probleme, die vorher zwischen einem standen, im Angesicht des Todes nichtig erscheinen.

Ich frage mich, ob man in Zukunft irgendwelche Auswirkungen dieser Ausnahmesituation bei den Protagonisten erkennen kann. Bei CSI ging man schnell ins Tagesgeschäft über und ließ Nick ab und an mal zusammen zucken, wenn er sich einem dunklen, engen Raum näherte. Ich finde es schade, wenn es in Serien so dargestellt wird, als hätten derartige extreme Erfahrungen keine Auswirkungen auf die Psyche desjenigen, der diese Erfahrung machen musste. Vielleicht macht man das bei Bones ja besser. Ein Vorteil ist hier sicherlich, dass man mitten in der Staffel steckt, wohingegen "Grabesstille" bekanntlich das Finale der fünften Staffel war.

Randnotiz

Am Ende ist man glücklich, dass keiner den Tod fand, auch wenn man schon zu Beginn dank der so souverän agierenden Charaktere sowieso nie damit gerechnet hat. Und so vergisst man leicht, dass der Totengräber auch dieses Mal entkommen ist. Zwar ohne Geld, aber er ist noch auf freiem Fuß. Ich bin gespannt, ob und in welcher Beziehung wir ihn noch einmal wiedersehen werden. Ich hasse offene Fälle.

Fazit

Trotz der teilweise gewaltigen Ähnlichkeiten zu der CSI-Episode "Grabesstille" ist "Ein Totengräber und die noch Lebenden" eine eigenständige, spannende Episode. Dennoch fehlt der letzte Clou, der die Episode zu einem Event hätte werden lassen. Bei CSI lag es vielleicht auch an dem Namen Quentin Tarantino, wer weiß. Ich hab mich amüsiert und gegruselt zugleich. Da ist es auch nicht schlimm, dass man die Idee dazu von einer anderen Serie geklaut hat. (Das hab ich jetzt aber nicht laut gesagt!)

Melanie Brandt - myFanbase

Die Serie "Bones - Die Knochenjägerin" ansehen:


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