Bewertung

Review: #4.13 Der letzte Vorhang

Foto: American Horror Story: Freak Show - Copyright: FX
American Horror Story: Freak Show
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Der Vorhang ist gefallen. Mit wenig überraschender Willkürlichkeit beendet #4.13 Curtain Call das vierte Kapitel von "American Horror Story" und besiegelt diese damit endgültig als die mit Abstand schwächste der bisherigen Serienhistorie. All die Probleme, mit denen die Staffel die ganze Zeit über schon zu kämpfen hatte – die Ziellosigkeit der Storylines, die mangelnde Subtilität, die völlig wirre und inkonsequente Erzählführung – offenbaren sich auf geradezu eklatante Weise in diesem Schlussakt, der an Lächerlichkeit und Kitsch fast schon nicht mehr zu überbieten ist. Wieso nur ein grausamer Punkt für dieses Finale? Dafür gibt es massenhaft Gründe, doch beschränken wir uns im Folgenden auf die offenkundigsten.

"The freaks shall inherit the earth."

Das erste Problem: die Freaks. Und zwar nicht deswegen, weil sie Freaks sind, sondern weil "American Horror Story" es im Verlauf von 13 Episoden nicht schaffte, einen differenzierten Blick auf das Problem sozialer Außenseiter und diesen so genannten "Monstern" der Gesellschaft zu werfen, geschweige denn interessante, vielschichtige und authentische Charaktere zu kreieren. In Ermangelung einer Figur, mit der man halbwegs sympathisieren oder die man in irgendeiner Weise interessant finden kann, ist man als Zuschauer irgendwann ratlos. Für wen soll man sich interessieren? Wessen Geschichte soll hier eigentlich erzählt werden?

Und vor allem: Was will die Serie über ihre Freaks aussagen? Der ewige Versuch, das Mantra "Freaks sind genauso normale Leute wie alle anderen auch" durchzudrücken, funktioniert hier einfach hinten und vorne nicht, denn selbst wenn man einmal davon absieht, dass ein Junge mit Hummerhänden oder eine Frau mit drei Brüsten nun mal nicht die Regel sind, so bleibt vor allem immernoch das fragwürdige Verhalten dieser Figuren, das man keinesfalls als "normal" bezeichnen kann. So sehr die Serie auch immer wieder hinausbrüllte, dass all diese Charaktere ja arme Freaks seien, so sehr stellte sie sie auch plakativ als solche dar – und zwar nicht nur in der Hinsicht, dass sie irgendwelche äußeren Deformationen haben, sondern vor allem auch charakterlich-moralische Schwächen. Intrigen, Morde und Selbstjustiz standen an der Tagesordnung und hinderten das Publikum letztlich daran, irgendeine Art von Mitleid oder Verständnis für diese Figuren aufzubringen, da sie dieses eigentlich nicht verdienten.

Doch der Gipfel ist dieses Finale und wie es die Geschichten all dieser Freaks zu Ende bringt. Zunächst einmal machen die Autoren es sich hier unglaublich einfach, sich sämtlicher Nebencharaktere zu entledigen, indem sie Dandy mal eben auf einen irrsinnigen Amoklauf schicken, der die komplette Freak Show auslöscht. So wirkungsvoll diese Gräueltat in ihrer Brutalität ist, so stumpfsinnig ist sie letztlich, denn es wird überdeutlich, dass all diese Figuren – Paul, Amazon Eve, Legless Suzi, Penny, Ima, Toulouse, etc. – letztlich doch nur dekoratives Beiwerk waren, nicht mehr. Sie alle waren Schablonen für Freaks, ohne wirkliche Substanz, absolut austauschbar.

Noch viel schlimmer ist es aber, dass die Autoren mit dem Happy-End der überlebenden Freaks eine völlig abstruse, den Charakteren total widerstrebende Aussage implizieren: Das Glück der Freaks ist zu finden im vom Konsum bestimmten US-amerikanischen Traum in einem heimeligen Wohnzimmer mit Fernseher. Die Freaks, die ständig ihren Außenseiterstatus sowohl lamentierten als auch zelebrierten, erliegen letztlich dem Konformismus der Konsumgesellschaft. Sie werden normal und langweilig. Man kann wirklich nur die Augen rollen in der vor Kitsch nur so triefenden Montage, in der Desiree mit Angus und ihren zwei Kindern die Straße hinunterrennt oder die schwangeren Bette und Dot sich neben Jimmy aufs Sofa setzen. Vergessen ist das Freakdasein, während dem Zuschauer noch Pauls eindringliche Worte zu Dandy "Even worse, you're boring!" nachhallen. Denn genau in dieser konformen Langeweile endet nun das Schicksal dieser Freaks.

"That boy is a star."

Etwas spektakulärer und kreativer fällt dafür Dandys Schicksal aus, der sich in einer gelungenen Szene (vergessen wir mal die überaus unsubtilen Ansprachen Jimmys und Desirees, die dem Zuschauer nochmal unter die Nase reiben müssen, dass DANDY DER WAHRE FREAK IST, falls ihr das noch nicht kapiert habt) verabschieden darf. Die vorgetäuschte Eheschließung mit den Zwillingen, das Abendessen in der Mott-Villa, all das ist nur Geplänkel, bis es mit Houdinis Wasserkasten zum Showdown kommt.

Es ist wirklich schade, dass Dandy – der einzige Charakter des Hauptcasts, der zumindest ansatzweise interessant und originell war – nach Episode #4.09 quasi fast keine Rolle mehr spielte. Denn sieht man sich die Auseinandersetzung an, die hier zwischen Dandy und Jimmy, Desiree und den Zwillingen stattfindet, bekommt man eine Idee davon, wie toll es hätte werden können, in einer besser ausgearbeiteten Storyline diese zwei Seiten aufeinander prallen zu lassen. So zumindest bekommt Dandy aber ein ihm würdiges, da originelles Ende und die anderen vier ihre verdiente Rache.

"Your place is not with us."

Wenig Originalität und Esprit besitzt dagegen Elsas Storyline in Hollywood. Die Geschichte des hartnäckigen Möchtegernstars, die den Vize-Castingdirektor heiratet, zum Star avanciert und mit ihren Allüren alle Menschen um sich herum von sich fern hält, weil sie ja eigentlich nur geliebt werden will, ist alt und fad. Die Autoren pressen hier in die letzte Viertelstunde noch schnell Elsas Ende hinein und sobald Elsa "Halloween" sagt, kann man sich als Zuschauer eigentlich schon alles zusammenreimen: Elsa wird Edward Mordrake mit einem Auftritt an Halloween heraufbeschwören. Und das tut sie dann auch. Damit das alles möglichst plausibel wirkt, holt man noch rasch zum Rundumschlag aus und zerstört in fünf Minuten jegliche Hoffnung für Elsa ein besseres Leben zu führen (Massimo ist todtrank, ihre Vergangenheit fliegt auf, alle Freaks sind tot). Dilettantisches, geradezu stümperhaftes Writing ist das.

Richtig lachhaft ist aber das Happy-End für Elsa: Mordrake behauptet, dass sie nicht zu ihm und den seinen gehöre und schickt sie in eine alternative Version des Jenseits, in der Elsa mit ihren geliebten Freaks (die sie so sehr liebte, dass sie sie umbrachte oder im Stich ließ) in aller Ewigkeit in Glückseligkeit leben darf. Was?! Wenn Elsa vor ihrer Zeit beim Zirkus nicht gerade als Mutter Teresa unterwegs war, dann leuchtet es einem beim besten Willen nicht ein, inwiefern Elsa dieses Happy-End auch nur ansatzweise verdient hätte. Die intrigante, egoistische Mörderin verdient mehr Gnade als beispielsweise der psychisch verwirrte, unzurechnungsfähige Mörderclown?

"Tonight, you will see the brightest and the best that ever was and ever will be."

Es ist also leider nur ein grausamer Punkt, den dieses wirklich grausame Ende von "American Horror Story: Freak Show" verdient. Das unzusammenhängende, sprunghafte, teilweise wirklich schlecht geschriebene Wirrwarr an Charakteren, Themen und Szenen ergab keine wirklich kohärente oder interessante Geschichte und musste quasi zwangsläufig in diesem finalen Desaster enden. Vielleicht sollten Ryan Murphy und Brad Falchuk sich wieder ihrer Stärken besinnen und ihren kreativen Akku aufladen, bevor sie sich an Staffel 5 setzen. Bis zu deren Start hat man "Freak Show" wahrscheinlich auch schon wieder vergessen, denn im Gedächtnis bleibt einem leider nur wenig Positives. Diese Freak Show war eine magere Vorstellung.

Maria Gruber - myFanbase

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